Jeder kennt sie, die sogenannten Horoskope aus der Tageszeitung oder in Zeitschriften. Und für sehr viele Menschen ist es das, woran sie denken, wenn der Begriff Horoskop fällt. Sie denken, ein Horoskop ist eine sehr kurze, pauschale Information über alle Menschen, die einem der jeweiligen „Sternzeichen“ zugeordnet sind.
In diesem Artikel werde ich kurz vorstellen, wie diese Art Zeitungsbeiträge einzuordnen sind, ob und wenn ja diese Art Zeitungsbeiträge auch seriös erstellt werden können und ich gehe auch auf den Begriff „Horoskop“ kurz ein, wie er in der Allgemeinheit verstanden ist und wie sich die professionelle Nutzung des Begriffs davon unterscheidet.
Bestandsaufnahme: es gibt also in verschiedensten Publikationen für jedes „Sternzeichen“ (allgemeinüblicher, von Laien benutzter Begriff – korrekt ist „Tierkreiszeichen“) von Widder bis Fische einen mehr oder weniger knappen Absatz mit Vorhersagen für die im jeweiligen Zeichen geborenen Menschen für den Zeitraum entsprechend der Frequenz der Veröffentlichung. Also beispielsweise täglich, wöchentlich oder monatlich. Insgesamt füllen alle Texte gesamt pro Ausgabe in der Regel nicht mehr als eine Seite, manchmal auch nur den Teil einer Seite. Pro Tierkreiszeichen gibt es also nur ein paar wenige Sätze, im Falle der ausführlicheren Texte manchmal noch unterteilt nach Themen wie Allgemein, Beziehung und Liebe, Geld und Beruf. Das sind dann schon die eher versierten Ausgaben.
Das Prinzip agiert nach dem Motto: Menschheit geteilt durch zwölf Zeichen und jetzt sage ich Dir, womit Du in den nächsten Tagen oder Wochen in Deinem Leben zu rechnen hast.
Woher weiß ich als Leserin nun, welcher der zwölf Abschnitte auf mich zutrifft? Die meisten Menschen lesen den Abschnitt, der sich auf das Tierkreiszeichen bezieht, in dem zum Zeitpunkt ihrer Geburt die Sonne stand. In meinem Fall – ich bin am 03. Juni geboren – wäre das also das Zeichen Zwillinge. Die meisten Menschen wissen, welches „Sternzeichen sie haben“. Also Astrolog:innen sprechen wir in dem Fall davon, dass die Sonne zu dem Zeitpunkt im Zeichen Zwillinge stand.
Nun ist Astrologie gerade bei vielen Menschen sehr im Trend und die „Fortgeschrittenen“ Leser:innen kennen den Begriff „Aszendent“ und wissen, dass das wiederum ein sehr individueller Punkt im eigenen Horoskop ist und dass man die Zeitungstexte auch auf das Zeichen beziehen kann, in dem der persönliche Aszendent steht. Und ja, das ist schon eine individuellere Sicht auf die Dinge, denn der Aszendent kann für jeden Menschen unabhängig vom persönlichen Sonnenzeichen wiederum in einem der zwölf Tierkreiszeichen landen. Aber wie schon erwähnt, beziehen sich die Zeitungstexte in der Regel auf den Sonnenstand.
Es ist nicht verwunderlich, dass diese Art der Veröffentlichungen die seriöse Astrologie in Misskredit bringen, denn wir Astrolog:innen arbeiten selbstverständlich mit wesentlich komplexeren Grundlagen: nicht nur mit dem Sonnenstand, sondern dazu mit Mond, allen Planeten, Häuser, ggf. noch Fixsterne, Asteroiden, Arabische Punkte und vielem mehr. Von den verschiedenen Deutungs-Techniken noch gar nicht gesprochen. Der Begriff „Horoskop“ beschreibt so etwas ähnliches wie ein Foto aller Faktoren im Augenblick einer Geburt.
Begriffsdefinition Horoskop: Ein Horoskop ist also nicht das, was in einer Zeitung zum persönlichen Sonnenzeichen steht, sondern die vollkommen individuelle grafische Darstellung der zum Zeitpunkt einer Geburt aktiven Planetenpositionen, die abhängig von Geburtsort und Geburtszeit auf eine individuelle Weise dargestellt werden. Wenn wir also die Planeten mal beispielhaft als Mitglieder im persönlichen Team annehmen und die Binnenverteilung als beispielhaft in welchen Räumen im eigenen Haus diese zum Zeitpunkt der Geburt stehen, haben wir ein ungefähres Bild. Zwei im gleichen Augenblick, aber auf unterschiedlichen Kontinenten geborene Menschen haben demnach die gleichen Planetenpositionen (also die Team-Mitglieder sehen gleich aus, haben die gleichen Klamotten an und verstehen sich untereinander ähnlich), aber in anderen Räumen.
Bedeutet das also, dass Sonnenstandsastrologie ausschließlich Blödsinn ist und es keinerlei Möglichkeit gibt, das seriös zu betreiben? Sind also pauschal alle, die solche Kolumnen schreiben, Scharlatane? Ich oute mich – auch ich habe eine ganze Zeitlang monatliche Kolumnen für zwei Zeitschriften verfasst. Daher habe ich mich mit Techniken beschäftigt, wie das sinnvoll möglich ist und ja, ich würde sagen, es geht. Auch wenn es selbstverständlich immer eine extrem reduzierte Nutzung der Astrologie ist, zu groben Pauschalisierungen zwingt und es unumgänglich im Einzelfall zu wahrgenommenen Fehlern kommt, weil wir ja so die individuelle Situation der Sonne im Horoskop des Lesers nicht mit berücksichtigen können. Wenn also jemand im eigenen Geburtshoroskop die Sonne in einem engen Aspekt zu einem anderen Planeten stehen hat, wird jeder Aspekt diese Gesamtlage aktivieren. Aber wenn wir uns darauf einigen, es mal ganz rudimentär anzugehen, dann funktioniert es folgendermaßen:
„Bedienungsanleitung“ für Sonnenstandshoroskope:
Man nehme also die aktuellen Konstellationen – beispielsweise für die Woche vom 24.-30. Juni 2024. Zur Vorbereitung erstellt man sich eine Liste aller, in dieser Woche vorkommenden Zeichenwechsel und planetaren Interaspekte. Diese Gesamtschau erzählt schonmal etwas über die aktuelle Zeitqualität. Die Sonne-Mond-Phase wird entweder zu- oder abnehmend sein oder aus der einen in die andere Phase wechseln, weil ein Voll- oder Neumond stattfindet. In der Beispielwoche war es eine abnehmende Mondphase, weil der Vollmond am 22. Juni 2024 stattgefunden hat.
Nachdem man sich mit den Gesamtkonstellationen vertraut gemacht hat, ist nun der nächste Schritt, diese Konstellationen für die zwölf Tierkreiszeichen zu deuten. Also davon ausgehend, dass die Leser:innen in einem der Zeichen ihre Sonne oder – noch besser – ihren Aszendenten stehen haben. Um das in Astrologieprogramm darzustellen, stellst Du die Ansicht ohne Häuser ein. Dann erscheint zunächst mal in der Regel die Darstellung mit 0° Widder links wo wir sonst in der Regel den Aszendenten darstellen. (Jedenfalls bei den gängigen Häusersystemen wie Placidus oder Koch). Also kannst Du als erstes die dargestellte Zeitqualität für Widder-Geborene deuten. Im Beispielfall für die letzte Juniwoche bedeutet das, dass Sonne, Venus und Merkur durchs 4. Feld transitieren und zu den Widder-Platzierungen im Quadrat stehen. Entsprechend kann die Deutung vorgehen – wie auch immer Du in der regulären Horoskopanalyse das 4. Haus und den Spannungsaspekt auf den AC und Planeten im ersten Haus interpretierst. So kannst Du die durch die Häuser symbolisierten Lebensbereiche mit den entsprechenden Planetentransiten deuten und besprechen. Dabei ist in diesem Deutungssystem jedes Tierkreiszeichen äquivalent mit einem der zwölf Häuser.
Für jedes folgende Zeichen drehst Du die Ansicht um ein Zeichen weiter. Für die Stiergeborenen wird also das Zeichen Stier nach links gestellt und in unserem Beispiel bewegen sich für die Stiere in der letzten Juni-Woche Sonne, Venus und Merkur durch das dritte Haus. Und so geht man rund um den Tierkreis einmal vor und schreibt die Deutungen für jedes Zeichen. Noch ein letztes Beispiel: wenn wir beim Zeichen Löwe angekommen sind, hätten wir in diesem Fall also den Transit von Sonne, Venus und Merkur durch das zwölfte Haus, der Mond startet im 7. Haus, läuft durch den dritten Quadranten und landet zum Ende der Woche im 10. Haus. Solange der Mars durch das Zeichen Stier läuft, aktiviert er für die Löwe-Geborenen 10.-Haus-Themen, Jupiter in den Zwillingen die 11.-Haus-Themen, Saturn in den Fischen für die Löwe-Geborenen die 8.-Haus-Themen.
Wer so vorgeht, wird feststellen, dass auf diese Art sehr wohl nützliche und sinnvolle Trends und Erfahrungen abzubilden sind. Uns ist natürlich bewusst, dass mit diesem Deutungsansatz nur ein Bruchteil der Komplexität einer vollständigen Horoskopdeutung und der Hinzunahme der aktuellen Zeitqualität erreicht werden. Aber mit etwas Übung ergeben sich dennoch schon wertvolle Hinweise.
Für Jahrestrends sind übriges die Transite der Mondknotenachsen und korrespondierend der Sonnen- und Mond-Finsternisse von sehr großem Interesse. Denn sie bringen so etwas wie ein Scheinwerferlicht auf die Lebensbereiche im Leben. Nochmal beispielhaft für dieses Jahr: aktuell befindet sich die Mondknoten-Achse in der Zeichen-Achse Widder-Waage. Für Jungfrau-Geborene Menschen aktiviert das also im laufenden Jahr den Themenbereich der Häuserachse 2 und 8.
Leider ist nicht davon auszugehen, dass alle Horoskop-Kolumnen von versierten Astrolog:innen mit versiertem Vorgehen geschrieben werden. Aber vielleicht fühlt sich der eine oder andere Leser angeregt, mal selbst mit dem hier beschriebenen Vorgehen zu experimentieren und vielleicht sogar mit etwas Übung die Medienlandschaft mit substanzielleren Horoskopkolumnen zu bereichern, als es bislang der Fall ist. Auf jeden Fall wünsche ich viel Spaß beim Ausprobieren und neue Erfahrungen sammeln!
Über die Autorin
Franziska Engel
Franziska Engel, Jahrgang 1967, geboren in Berlin, gelebt in Deutschland, USA, Griechenland, VR China. Geprüfte Astrologin DAV, Diplom-Wirtschafts-Sinologin, EDV-Kauffrau. Astrologische Schwerpunkte: Astrogeografie, Stundenastrologie, Hellenistische Astrologie. Forschung zu neuen Techniken für Partnerschaften, besonders im beruflichen Kontext mit Vorgesetzten, Kolleg:innen, Mitarbeiter:innen, Kooperationspartner:innen.
Besonderer Fokus auf Crossover von Astrologie und Wirtschaft: Personalentwicklung für Führungskräfte und Teams, internationale Personalentsendung, interkulturelle Kommunikation, internationale Teams, günstige Termine für Gründungen, Firmenhoroskope, uvm.