Interview des Deutschen Astrologen-Verbandes
mit Marcus Dannfeld
„Wenn Wahrheit wahr ist, muss sie in jedem System zum Vorschein kommen“
Marcus Dannfeld geboren 25. 3. 1964 um 20:30 Uhr in Kassel, beschäftigte sich bereits während seiner Schulzeit mit der Chinesischen Astrologie. Nach der Schule studierte er jedoch zunächst Erziehungswissenschaft und arbeitete unter anderem beim Roten Kreuz. 2000 machte er sich als Berater für Astrologie und Feng Shui selbständig. Seit 2008 arbeitet er als Berater und in der Altenpflege mit Demenzkranken.
Marcus Dannfeld ist seit 30 Jahren Praktizierender des tibetischen Buddhismus. Darüber fand er den Zugang zur Tibetischen Astrologie, wobei hiervon vor allem die Chinesische Tradition in seine Beratertätigkeit einfließt.
Klemens Ludwig sprach mit ihm über den Unterschied zwischen der asiatischen und der europäischen Astrologie, die Herangehensweise bei Prognosen und die Erfahrung, warum schnelle Autos nicht unbedingt schnell vorankommen.
DAV: Sie beleuchten auf unserem Kongress Ende September die Frage nach dem „Geld im Horoskop“ unter der asiatischen Perspektive. Gibt es die und was unterscheidet sie von der europäischen?
Marcus Dannfeld: Es gibt in der Tat einige grundlegende Unterschiede, womit ich nicht nur die Methode meine. In allen Teilen Asiens ist die Astrologie ein viel selbstverständlicherer Teil der Gesellschaft als hierzulande. Das gilt für die Geschäftswelt, wo der Business-Astrologe konsultiert wird bis in die Dörfer, wo man beim Dorfschamanen Rat und Auskunft sucht.
DAV: Und das betrifft welche Lebensbereiche?
Marcus Dannfeld: Letztlich alle. Wer ein Geschäft gründen will, fragt den Astrologen nach dem günstigen Zeitpunkt und evt. dem günstigen Ort. Wer eine Partnerschaft eingehen will, wird das selten machen, ohne den Astrologen zu konsultieren. Damit meine ich nicht nur die klassische Zweierbeziehung, sondern beispielsweise auch eine Geschäftspartnerschaft. Im Grunde gibt es keinen gesellschaftlichen Bereich, in dem die Astrologie nicht präsent ist.
DAV: Kommen wir zu den Inhalten. Können Sie die Basis der tibetischen Astrologie kurz erläutern.
Marcus Dannfeld: Die tibetische Astrologie ist eine Kombination aus Teilen der Indischen Astrologie sowie der Acht-Zeichen aus der Fünf-Elemente-Astrologie der chinesischen Tradition. Die zwölf Planeten spielen hier keine wichtige Rolle. Das System sieht einfach aus, ist aber sehr effektiv und stark prognostisch ausgerichtet. Das Fundament besteht darin, die Qualität der Zeit zu messen, die nach asiatischer Vorstellung nicht linear, sondern zyklisch verläuft.
DAV: Letzteres ist der europäischen Tradition tatsächlich eher fremd, aber die Qualität der Zeit zu messen, ist schließlich auch das Wesen der abendländischen Astrologie.
Marcus Dannfeld: Klar, aber die Art der Messung ist eine grundlegend andere. Die europäische Tradition begann damit, dass man an den Himmel geschaut und den Blick auf die Sterne gerichtet hat, um daraus Analogien abzuleiten. Die chinesische Astrologie fußt letztlich auf einem Bauernkalender, auf der Beobachtung der Natur. Die Menschen hatten die Wachstumsphasen in der Natur, sowie die Mondphasen im Blick. Das ist schließlich auch die Basis von Feng Shui, was eng mit der Astrologie verbunden ist. Wichtig ist auch ein radikaler Geozentrismus. Alles wird von dem Stand des Beobachters aus gedeutet.
DAV: Ist eine solche Herangehensweise auf andere Kulturen übertragbar? Macht es Sinn, das in Europa zu lehren, weit außerhalb der Region, in der die Tradition entstanden ist?
Marcus Dannfeld: Unbedingt. Die Tradition des Bauernkalenders ist gewiss kulturübergreifend. Seine Anfänge dürften in die Zeit der Sesshaftigkeit des Menschen zurückgehen, als die Notwendigkeit entstand, die natürlichen Zyklen zu erkennen und sie anzuwenden.
DAV: Auch davon ist die westliche Tradition nicht weit entfernt.
Marcus Dannfeld: Mir erschien die westliche Astrologie, wie sie heute im Wesentlichen gelehrt wird, zu kompliziert. Auch die Art der Vermittlung schien mir nicht alltagstauglich. Was bedeutet es denn, wenn mir jemand sagt, ich habe den Mars im dritten Haus? Was mache ich konkret damit? Das hat für mich zu wenig Bezug zur Praxis. Die asiatische Tradition ist viel direkter mit den Aussagen, ebenso wie mit den Prognosen. Ich könnte auch sagen viel unverkrampfter.
DAV: Ereignis-Prognosen sind in der Tat ein heikles Thema. Es gibt zahlreiche Beispiele von eklatanten Fehlprognosen. Es gibt Prognosen, die Angst machen und hemmen. Ist es da nicht eine erfreuliche Entwicklung, dass die europäische Tradition nicht mehr so unverkrampft mit Prognosen umgeht?
Marcus Dannfeld: Da liegt vielleicht ein Missverständnis vor, was Prognosen in der asiatischen Tradition bedeuten. Es handelt sich dabei keineswegs um eine statische Vorhersage, sondern um einen Prozess, einen Prozess der Wandlung. Die Prognose analysiert, wie sich die Elemente verändern, wie der Lauf sein wird. Feuer zum Beispiel schmilzt Metall, und die Frage ist, in welcher Form und welchem Tempo?
DAV: Können Sie diese Herangehensweise etwas grundlegender erläutern?
Marcus Dannfeld: Wir haben drei Ebenen für eine Prognose, zunächst die Basis oder den Ausgang – das energetische Grundmuster der Zeichen des Geburtsdatums. Man kann das mit einem Auto vergleichen: Der eine fährt Mercedes S-Klasse, der andere einen VW Golf, der dritte vielleicht eine Ente. Der eine hat es also scheinbar sehr gut erwischt, der andere einen eher unharmonischen Ausgang. Dennoch sehen wir zum Beispiel bei Horoskopen von reichen Tycoons, dass sie zur letzteren Gruppe gehören, was auf den ersten Blick seltsam erscheint. Des Rätsels Lösung ist die zehnjährige Lebenssäule – die „Glückssäulen“ markieren den Großen Lebensrythmus.
Sie ist so etwas wie die Straße, auf der sich das Auto bewegt. Wenn sich der Fahrer mit der S-Klasse auf einem Feldweg fortbewegen muss, wird er sehr viel langsamer vorankommen als der VW Golf-Fahrer, dem vielleicht eine Autobahn zur Verfügung steht. Dann gibt es noch eine dritte Ebene, nämlich die aktuelle Zeit. Man könnte sie in der Analogie als das Wetter betrachten. Wenn also der Fahrer der S-Klasse auf dem Feldweg auch noch durch strömenden Regen fahren muss, nützt ihm sein tolles Auto nichts mehr.
Die Basisdeutung kann sich also durch die Lebenssäulen sowie die aktuelle Zeit erheblich relativieren; zum Guten wie zum Schlechten. Ich werde das in meinem Vortrag an Beispielen aus unserem Kulturraum zeigen.
DAV: Und wo zeigt sich in der asiatischen Tradition das Geld?
Marcus Dannfeld: In genau dieser Kombination der drei Ebenen und dem „Geld-Element“ darin.
DAV: Auch nach der europäischen Tradition kann die aktuelle Zeitqualität die Radix grundlegend beeinflussen und bestimmte Anlagen erheblich relativieren. Wenn zum Beispiel Neptun über einen Mars im Feuer-Element läuft, dürfte der Energielevel des Horoskopseigners zur Zeit des Transits ein ganz anderer sein.
Marcus Dannfeld: Dem will ich nicht widersprechen. Wenn Wahrheit wahr ist, muss sie in jedem System zum Vorschein kommen. Vermutlich haben asiatische Astrologen ohnehin wenig Probleme, europäische Traditionen anzuerkennen, denn in ihrer Kultur ist das Prinzip des „Sowohl … als auch“ viel mehr verankert als das „Entweder …. Oder“.
DAV: Wie sind Sie zu dieser Orientierung gekommen, vor allem die tibetische, die ja in unseren Breiten ein Schattendasein fristet?
Marcus Dannfeld: Ich habe mich schon sehr früh während der Schulzeit mit der Chinesischen Astrologie beschäftigt. Das war sicher eine Erinnerung an alte Erfahrungen. Es gab aber kaum nützliche Literatur. Mitte der achtziger Jahre hat Kurt Allgeier begonnen, die Basis für die Umrechnung von der chinesischen zur europäischen Astrologie zu schaffen. Auch wenn die Berechnung einige Fehler enthielt, war sie ein Meilenstein, um die chinesische Astrologie in die europäische Tradition einzuführen.
DAV: Und Sie haben sich gleich der Chinesischen Astrologie verschrieben?
Marcus Dannfeld: Nein, nicht sogleich. Wie vermutlich viele meiner Generation bekam ich von meinen Eltern die Vorgabe, etwas „Richtiges“ zu machen. Also studierte ich Erziehungswissenschaften und arbeitete unter anderem beim Roten Kreuz als Sozialarbeiter. Im Jahre 2000 hatten wir Besuch von einem Freund, der sich gerade in einer Umbruchphase befand. Er schwärmte davon, wie hilfreich die Astrologie dabei sei. Bei mir wurden dadurch alte Erinnerungen angetriggert, und ich wusste, ich muss mich dem wieder widmen, auch beruflich. Da ich jedoch inzwischen Zuflucht im Buddhismus genommen hatte, wandte ich mich der Tibetischen Astrologie zu.
DAV: Herzlichen Dank für die Ausführungen, die uns einen spannenden Vortrag über ein wenig bekanntes Gebiet erwarten lassen.
Mehr Informationen über die Arbeit von Marcus Dannfeld:
www.tibet-astrologie.de
Das Interview führte Klemens Ludwig.