Astrologie bei Terra X
Kaum ein Medienbeitrag der letzten Zeit hat in astrologischen Kreisen mehr Aufmerksamkeit, Anerkennung, Kritik und Ablehnung erfahren, als die Terra X-Sendung „Im Bann der Astrologie“ von Harald Lesch, dem zweifellos bekanntesten Astrophysiker Deutschlands. Sie wurde am 29. September, passenderweise am Wochenende des DAV-Kongresses, ausgestrahlt. Grund genug, etwas mehr auf die Hintergründe, die Möglichkeiten und Grenzen der Darstellung von Astrologie in den Medien einzugehen, zumal indirekt auch der DAV beteiligt war.
Die Redaktion hatte sich nämlich an unsere Geschäftsstelle gewandt, um Kontakt zu Astrologinnen und Astrologen aus dem Münchner Raum zu bekommen. Jemand sollte Harald Lesch’s Horoskop vor laufender Kamera deuten, was dann von Sabine Lechleuthner übernommen wurde.
Doch der Reihe nach. Über die Hälfte der Sendung wurde ausgesprochen fundiert und ohne jede Polemik über die Geschichte der Astrologie berichtet, von den uns bekannten Anfängen bei den Babyloniern und Assyrern über die Neuzeit, als Sternenbeobachtung und Sternendeutung unterschiedliche Wege gingen, bis hin zu Ronald Reagan, der all seine Termine nach den Konstellationen der Gestirne ausgerichtet hat. Dieser Teil war zweifellos eine Bereicherung für alle, die sich nicht nur für das eigene Horoskop, sondern auch für den kulturgeschichtlichen Hintergrund der Astrologie interessieren.
Darauf folgte der praktische Teil, die Deutung von Harald Lesch’s Horoskop durch Sabine Lechleuthner. Das Ganze wirkte nüchtern und sachlich, fundiert seitens der Münchner Astrologin, aber es wollte so recht kein Funke überspringen – ganz anders als Sabine Lechleuthner das Gespräch und überhaupt den gesamten Kontakt mit Harald Lesch erlebt hat: „Wir waren richtig im Flow, er war sehr interessiert, präsent, angetan, es war entspannt und gleichzeitig sehr ernsthaft. Wir haben auch viel gelacht und vor allem war Harald Lesch ausgesprochen beeindruckt von meiner Deutung. Zudem war er gut vorbereitet und informiert über die wichtigsten astrologischen Grundsätze wie den Unterschied zwischen dem tropischen und siderischen Tierkreis, so die Erinnerung von Sabine Lechleuthner.
Von alledem war leider nicht allzu viel zu spüren. Ein während der Deutung eher zurückhaltend wirkender Lesch breitete danach all die sattsam bekannten Vorurteile gegen die Astrologie mit wissenschaftlicher Mine aus: Dass sich der Tierkreis verschoben habe und wir alle dem vorhergehenden Sternzeichen angehörten, statt dem uns vertrauten. Dazu der unvermeidliche Verweis auf den „Barnum-Effekt“, ein psychologisches Phänomen, wonach Menschen vage, allgemeingültige Aussagen über sich so interpretieren würden, dass sie sich damit identifizieren können. Dies Phänomen gilt Astro-Kritikern als Erklärung für die Affinität vieler Menschen zur Astrologie.
Zum Schluss ging Lesch noch einmal auf kulturhistorische Zusammenhänge ein und attestierte, dass die Sternenbeobachtung allein den Menschen keine Antwort auf die großen Lebensfragen nach dem Woher und Wohin gäbe. Wer stellt solche Fragen in erster Linie? Natürlich der Schütze – Lesch’s AC.
Alles in allem bleibt das fade Gefühl eine verpassten Chance zurück, auch wenn das, was Terra X geboten hat, gewiss nicht schlecht war – vor allem auf dem Hintergrund dessen, wie Lesch früher mit der Astrologie ins Gericht gegangen ist. Das war Polemik und Spott in reinster Form. Verglichen damit war die Terra X-Sendung ausgewogen. Doch vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der Horoskop-Deutung sowie seines Wissens, etwa um den tropischen und siderischen Tierkreis, war die Sendung eine verpasste Chance. „Wahrscheinlich wollte Lesch nach all seiner Kritik an der Astrologie nun vor seinen wissenschaftlichen Kollegen nicht plötzlich als jemand dastehen, der von der Astrologie beeindruckt ist“, resümiert Sabine Lechleuthner.
Wer die Sendung noch anschauen möchte, findet sie in der Mediathek des ZDF:
https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/faszination-universum-im-bann-der-astrologie-100.html
Klemens Ludwig