Beethovens Auferstehung im Computer astrologisch beleuchtet
von Bernhard Firgau
„Die Unvollendete“ heißt eine nur in Fragmenten hinterlassene Sinfonie Nr. 10 von Beethoven. Unvollendet? Offenbar nicht auf Dauer. Denn jetzt drangen Computerintelligenzen in die Welt des Kreativen ein. Sie haben Beethovens musische Handschrift mit Bit und Byte vermeintlich entziffert und die Nr. 10 fertig komponiert.
Wer denkt da nicht an „Malen nach Zahlen“ übertragen auf die Musik? Denn künstliche Intelligenz bleibt letztlich ein Rechenwerk, egal wie eindrucksvoll die Zahlenakrobatik ist. Hätte es zu Beethovens Zeiten bereits sowas wie Patientenverfügungen gegeben, hätte er sich vielleicht sein virtuelles Überleben in einem Computer verbeten. Auf Betreiben der Telekom, die wohl zu Beethoven eine Leitung ins Jenseits hat, soll nun im Namen des großen Komponisten uraufgeführt werden, was nicht wirklich dessen Werk ist. In Bonn am 09.10.2021 um 19:00 MET/S im Telekom-Forum darf man es hören.
Immerhin wirkt auch ein Komponist mit, Walter Werzowa, der fast genau an Beethovens 190. Geburtstag geboren wurde. Vielleicht gibt er dem Ganzen noch ein menschliches Gesicht.
Aufführung der digital ergänzten Sinfonie Nr. 10 am 09.10.2021 19:00 MET/S Bonn
Interessant ist die Dispositorenverkettung, also die Analyse, welcher Planet welchen anderen Planeten aufgrund der Zeichenstellung beherrscht. Verblüffend eindeutig ist Uranus, der Herr der Computer und der kreativen Genies, im Zeitpunkt des Ereignisses dieser Chef im Tierkreis.
Uranus als Wassermannherrscher hat das Sagen gegenüber Jupiter und Saturn in Wassermann. Saturn gebietet Pluto wegen dessen derzeitigen Aufenthalts in Steinbock, dem Domizil des Saturn. In der Hierarchie unter Jupiter sind Mond und Venus im Jupiterzeichen Schützen. Venus gebietet über Sonne und Merkur in der Waage, aber auch über Uranus im anderen Venuszeichen Stier. Insgesamt gesehen hat Uranus nur die Venus über sich, die Venus aber Uranus und Jupiter. Uranus Stellung im ersten Haus unterstreicht, dass er dem Ganzen das Gesicht gibt.
Geht man davon aus, dass nach der Lebenserfahrung sich der Beginn der geplanten Uraufführung mindestens um zwei Minuten verzögert, wäre das 5. Haus im Löwen und sein Herrscher Sonne für die kreativen Themen zuständig.
Sie bildet in der Waage ein exaktes Stellium mit Merkur und Mars. Eine Marskonjunktion bedeutet für die Sonne das Risiko der Selbstverletzung. Die Identität (Sonne) des Künstlers wird beschädigt.
Der Platz des Stelliums im 6. Haus deutet handwerkliches Können an, aber nicht unbedingt Genialität. Mars steht dort im Exil (Waage), Merkur ist rückläufig und Uranus bildet einen sich auflösenden Quincunxaspekt. Ein Quincunx zeichnet sich dadurch aus, dass die aspektbildenden Planeten in Zeichen stehen, die miteinander keinerlei Verwandtschaft haben, hier Waage und Stier. Waage ist männlich, Luft und kardinal, Stier weiblich, Erde und fix. Das sieht alles aus wie “Schöner Versuch“ aber mehr nicht. Die ihrem Wesen nach kreativen Planeten Sonne und Uranus finden nicht zueinander.
Was sagt Beethovens Horoskop zu den Wiederbelebungsversuchen?
Innen: Beethoven 16.12.1770 03:40 LT Bonn (Astrodatabank , Rodden Rating DD)
Aussen: Aufführung der digital ergänzten Sinfonie Nr. 10 am 09.10.2021 19:00 MET/S Bonn
Angaben zu Beethovens Geburt schwanken und so können wir nur ein paar Gesichtspunkte hervorheben, wie etwa die mit der geplanten Uraufführung eintretende Wiederkehr des Uranus an seinen Platz im Geburtshoroskop. Dort findet wie angegeben der Quincunxaspekt des Transits auch in der Radix seinen Anknüpfungspunkt bzw. gerade nicht. Will man die in der Astrodatabank angegebene Geburtszeit verwenden, trifft das Stellium von Sonne, Merkur, Mars immerhin die Eingangstür zum 12. Haus gleichzeitig im Quadrat zu Radixpluto. Das Jenseitsthema wäre damit doppelt angesprochen durch Haus (12) und Planet (Pluto). Ein Sextil des Stelliums zu Saturn am Löwe-MC würde in diesem Zusammenhang ein posthum errichtetes Denkmal (Saturn) der Kreativität(Löwe) ergeben.
Eigentlich wäre es ja sinnvoller, das Todeshoroskop Beethovens heran zu ziehen. Es hat den Vorteil, dass sogar die Todesstunde bekannt ist (nach Astrodatabank), während Geburtstag und -stunde weitgehend spekulativ sind, weil man nur den Tag der Taufe sicher kennt. Die mit dem Tod beginnende digitale Lebensverlängerung Beethovens sähe astrologisch so aus:
Innen: Beethoven stirbt am 26.03.1827, 5:45 PM in Wien
Aussen: Aufführung der digital ergänzten Sinfonie Nr. 10 am 09.10.2021 19:00 MET/S Bonn
Am Sterbetag bildet Pluto mit der Sonne eine ganz enge Konjunktion, was das Thema einer Wiederbelebung in irgendeiner Weise genau trifft. In der Todesstunde fällt das kreative 5. Haus in Krebs. Sein Herrscher Mond geht nun doppelt verloren. Einerseits wegen seines Abtauchens ins 12. Haus und andererseits wegen der Stellung in Fische. Faszinierend ist jedoch, dass die Häuserspitze von Haus 12 in den Wassermann fällt. Das verlockt dazu, sich mit Hilfe der künstlichen Computerintelligenz des Uranus Zugang zum Jenseits zu verschaffen. Gelingt das denn? Eher nicht. Denn der transitierende Neptun vernebelt dem kreativen Mond des Sterbehoroskops das Gesicht. Das Stellium von transitierender Sonne, Merkur und Mars wirft auf den Mond desweiteren einen Quincunxaspekt, der schon als vergeblicher Versuch qualifiziert worden ist.
Der Mond in Fische im Todeshoroskop wird von Jupiter als traditioneller Herrscher mit bestimmt. Auf diesen Jupiter fällt die Opposition des Chiron, der seiner Natur nach weder Mensch noch Tier ist, ein Mischwesen. Nicht anders ist die Vermischung eines von Beethoven hinterlassenen Musikfragments mit einem Algorithmus im Computer.
Im Ergebnis sieht man Gegenstand und Wesensart des Ereignisses, die Verbindung zu Beethoven ist aber nicht wirklich tragend.
Dr. Bernhard Firgau, Weinheim im September 2021