Baptiste Morin de Villefranche. Die Astrologie der Häuserherrscher
Übersetzt und bearbeitet von Manfred Magg
Was wären wir ohne unsere Klassiker? Doch wer übersetzt sie in die heutige Zeit? Damit ist nicht nur die wörtliche Übertragung ihrer Texte gemeint, sondern auch die Aufbereitung für eine Zeit, die in vielen grundlegenden Fragen ein ganz anderes Verständnis hat, als die Epochen in denen ein Ptolemäus, Abu Ma’shar, Morin oder William Lilly gelebt haben. Dem Chiron Verlag gebührt der Verdienst, Klassiker immer wieder so aufzubereiten, dass sie auch für die heutige Zeit verständlich sind.
Das jüngste Projekt dieser Art ist das bedeutende Werk von Jean-Baptiste Morin de Villefranche, Die Astrologie der Häuserherrscher. Der bekannte DAV Astrologe Manfred Magg hat es neu übersetzt und bearbeitet. Daraus ist ein handliches Buch entstanden, das für alle, die unseren Quellen näher kommen möchten, ein großer Gewinn ist. Magg leugnet nicht, dass es sich zunächst um eine durchaus anspruchsvolle und nicht einfache Lektüre handelt. Dem beugt er gleich vor: „Dem Ungeduldigen empfehle ich deshalb, nicht nach den ersten Seiten zu kapitulieren, sondern sie zunächst querzulesen… Der Inhalt ist wertvoll, aber für den heutigen Leser müsste man ihn stilistisch auffrischen.“
Jean-Baptiste Morin de Villefanche war Arzt und Professor für Mathematik. Berühmt wurde er jedoch vor allem als prognostischer Astrologe. Seine Treffsicherheit öffnete ihm am königlichen Hof alle Türen.
Sein Hauptwerk ist die 800-seitige Astrologia Gallica, die erst nach seinem Tode veröffentlicht wurde. Ein wesentlicher Bestandteil darin ist das Buch XXI, die Basis für Maggs Übersetzung. Darin entwickelt Morin eine spezielle Methode, die Häuserherrscher zu verknüpfen. Er begründet und beschreibt seine Theorie ausführlich. Das klingt ausgesprochen aktuell. Wie ist zum Beispiel die Gewichtung zwischen einem Haus, in dem sich ein bestimmter Häuserherrscher befindet und der Position des Herrschers über genau jenem Haus? Oder bei einem Planeten die Gewichtung zwischen dem Haus, in dem er steht und dem Haus, das er regiert?
Ein anderes Thema sind die bis heute stark unterschätzten Modalitäten. Nach Morin sind sie für eine tiefere Deutung unverzichtbar, vor allem in Kombination mit den Elementen. Dazu kommt ihre Bedeutung für die Häuser und Aspekte.
Zusätzlich wird der Band um Morins kleine Schrift „Die Kabbala der zwölf astrologischen Häuser“ ergänzt.
Dabei geht es um astrologische Grundlagen sowie die Auseinandersetzung mit Astrologie Gegnern, wobei er sich unter anderem auf Kepler bezieht, den er eher als „scharfäugiges Lynceus des letzten Zeitalters“ beschreibt.
Ungeachtet Maggs moderner und flüssiger Übersetzung bleiben einige Begriffe fremd, doch sie werden in einem Glossar am Ende wieder aufgegriffen und erläutert. Insofern ist das Buch nicht nur für Kenner der astrologischen Ahnengalerie äußerst empfehlenswert, sondern für alle, die mehr über die Grundlagen unseres Fachs erfahren möchten.
Jean-Baptiste Morin de Villefranche: Die Astrologie der Häuserherrscher, Hg. Manfred Magg, Chiron Verlag, Tübingen 2021, 194 S., 22,- €.
Klemens Ludwig