Der Sternenhimmel im Dezember
Am 22. Dezember um 00.03 MEZ ist Wintersonnenwende und zugleich der kürzeste Tag des Jahres. Die langen Dezember-Nächte bieten viel Zeit für Abend-Spaziergänge, bei denen man in aller Ruhe den wunderbaren Sternenhimmel beobachten kann. Gerade im Winter ist die Nacht voller hell strahlender Sternbilder: Stier, Zwillinge, Fuhrmann – und natürlich Orion.
Die sichtbaren Planeten
-
Merkur ist wieder direktläufig und läuft nun der Sonne hinterher. Am 08.12. holt er sie ein und steht mit ihr in (oberer) Konjunktion – die zweite Hälfte von Merkurs Zyklus beginnt, der am 19.06.2014 (im Tierkreiszeichen Zwillinge) seinen Anfang nahm. Merkurs Entfernung von der Erde ist so groß wie nur selten – aber es reicht noch nicht für eine Abendsichtbarkeit – die wird erst am 14.01.15 möglich.
-
Venus wechselt am 07.12. vom Sternbild Ophiuchus (Schlangenträger) ins Sternbild Schütze. Ihr Abstand zur Sonne wir größer. Wenn der Horizont klar ist, kann man tief am Südwesthorizont Venus zum ersten Mal um den 12.12. als noch vollkommen unspektakulären Abendstern sehen. Venus als Abendstern ist eher auf Schlichtung, Ausgleich, Abkommen und Verträge ausgerichtet. Sie ist bereiter, friedliche Wege zu finden, möchte Streit und Konflikte harmonisieren und kann gut verhandeln. In der Nacht vom 26.12. auf den 27.12. passiert Venus das Aphel, den sonnenfernsten Punkt ihrer Bahn um die Sonne.
-
Mars verlässt am 04.12. das Sternbild (nicht Tierkreiszeichen!) Schütze und wechselt ins Sternbild Steinbock. Langsam verabschiedet er sich vom Firmament, aber sein schneller Lauf nach Osten und die langsam ansteigende Deklination (Abstand vom Himmelsäquator) bescheren ihm in den ersten Abendstunden noch einen gut zweistündigen Auftritt auf der Himmelsbühne. An Heiligabend gegen 19.00 MEZ besucht ihn die Mondsichel. Am 12.12. erreicht Mars das Perihel seiner Bahn (den sonnennächsten Punkt seiner Bahn um die Sonne).
-
Jupiter wird am 09.12. im Sternbild Löwe stationär (d.h. es sieht so aus, als ob er am Himmel still stehenbleibt). Danach wandert er (rückläufig) durch das Sternbild Löwe, wobei er sich immer mehr von Regulus entfernt. Jupiter nähert sich der Opposition mit der Sonne, die aber erst am 06.02.2015 exakt wird.
-
Saturn (direktläufig im Sternbild Waage) stand Mitte November in Konjunktion mit der Sonne und war deswegen unsichtbar (das Licht der Sonne überstrahlte Saturn). Am 11.12. kann man Saturn um 7.20 MEZ (bei guten Sichtbedingungen) knapp über dem Südosthorizont erstmals wieder sehen: er hat seinen heliakischen Aufgang. Ca. 45 Minuten später verblasst er schon wieder in der Morgendämmerung. Saturn, der bei den Babyloniern den König symbolisierte, wird neu geboren.
Der Fixsternhimmel
Sternschnuppen: Die Geminiden und Ursiden kommen!
Vom 07.12. – 17.12. taucht der Sternschnuppenstrom der Geminiden auf. Er heißt so, weil er direkt aus dem Sternbild Zwillinge zu kommen scheint, nahe bei den hellen Sternen Castor und Pollux. Als Verursacher gilt der Asteroid Phaeton. Der Anstieg zum Sternschnuppen-Maximum am 14.12. erfolgt ziemlich langsam über mehrere Tage hinweg, der Abfall ist dann aber recht rasant. Da Castor und Pollux Mitte Dezember der Sonne gegenüberstehen, ist während der ganzen Nacht mit hellen, gelb-weißen Sternschnuppen zu rechnen. 2013 wurden ca. 140 Sternschnuppen pro Stunde registriert und die Zahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich größer geworden. Quantität sagt ja nichts über die Qualität aus: die hellsten Meteore erscheinen erst nach dem Maximum am 14.12., davor dominieren schwächere Sternschnuppen.
Ein zweiter, weniger spektakulärerer Sternschnuppenstrom ist vom 17.12. bis zum 26.12. zu beobachten. Weil die Sternschnuppen aus der Gegend um den Kleinen Bären (nahe beim Fixstern Kochab) zu kommen scheinen, nennt man sie Ursiden (lat. „Ursus“, Bär). Das Maximum wird in diesem Jahr in der Nacht vom 22.12. auf den 23.12. (gegen 21.00 MEZ) erwartet. An diesem Tag steht Kochab noch nicht so hoch über dem Horizont, so dass 2014 wohl kein besonders gutes Ursiden-Jahr werden wird. Zumindest stört das Mondlicht nicht – am 22.12.14 ist Neumond!
Norden
Das Sternbild Cepheus ist ein Mitglied der königlichen Familie (Cepheus, Cassiopeia, Perseus, Andromeda), die in der Nähe des Nordpols liegt und in unseren Breiten 365 Tage im Jahr zu sehen ist (zirkumpolar). Cepheus Ursprünge gingen verloren. Im 4. Jahrhundert v. Chr. dachte Aratus (in Übereinstimmung mit seiner Zeit), dass er ein König vom Euphrat sei. Das Sternbild symbolisierte in vielen Kulturen einen König. Die Chinesen ordneten dieses Himmelsgebiet dem „Inneren Thron der fünf Kaiser“ zu. Die Christen des Mittelalters sahen hier König Salomon. Zwischen 21000 und 19000 v. Chr. beheimatete Cepheus den Himmelsnordpol und vermutlich erlangte er deswegen und zu dieser Zeit seine königliche Würde. Durch die Präzession, die Kreiselbewegung der Erdachse, wandert natürlich auch der Himmelsnordpol. Erst im Jahr 7500 wird Cepheus wieder die Ehre haben, den Nordpol zu markieren.
Das Sternbild Herkules, der „Knieende“, ist fast untergegangen.
Osten
Im Gegensatz zum ziemlich unspektakulären Südhimmel (in der Stadt erscheint er aufgrund der Lichtverschmutzung fast sternenleer) strahlt und funkelt es am Osthimmel nur so. Alle bedeutenden Wintersternbilder sind bereits um 22.30 Uhr über dem Horizont zu sehen.
Knapp über dem Horizont funkelt Sirius, der hellste Stern im Großen Hund – und der hellste Stern am Himmel überhaupt! Der Kleine Hund besteht aus nur zwei gut sichtbaren Sternen. Prokyon („vor dem Hund“, weil er noch vor dem Großen Hund aufgeht) ist der hellste. Über den beiden Hunden kann man das Sternbild Zwillinge mit den hellen Sternen Castor und Pollux sehen.
Im Sternbild Stier liegen zwei bekannte Sternhaufen: die Hyaden und die Plejaden. Schräg unterhalb des Stieres (im Südosten) erscheint das Wintersternbild schlechthin: Orion – mit dem rötlich strahlendem Schulterstern Beteigeuze und dem bläulich-weißen Kniestern Rigel.
Hoch im Osten, fast senkrecht über uns („im Zenit“), steht Auriga, der Fuhrmann oder Wagenlenker. Auriga gehört zu den 48 klassischen Sternbildern der antiken griechischen Astronomie, die schon von Ptolemäus beschrieben wurden. Das Sternbild ist ab 44 Grad nördlicher Breite das ganze Jahr über sichtbar und wegen seines gelb strahlenden Hauptsterns Capella leicht zu erkennen. Capella (übersetzt „Zicklein“) gehört zu den sechs hellsten Sternen am Himmel und steht an der Spitze eines Sternenfünfecks, das Auriga ausmacht. Meist sieht man jedoch ein Sechseck, weil man unwillkürlich El Nath, das nördliche Stierhorn, mit dazunimmt. Tatsächlich gehörte El Nath früher einmal zu Auriga, aber nachdem die Internationale Astronomische Union (IAU) die Sternbildgrenzen verbindlich festlegte (ähnlich, wie die Kolonialmächte früher die Grenzen in Afrika festlegten – mit dem Lineal und ohne Rücksicht auf kulturelle Unterschiede), gehört El Nath jetzt zum Stier.
Unterschiedliche Kulturen erschufen unterschiedliche Bilder für das Sternbild Auriga: für die Babylonier war es der Krummstab (einem Bischofsstab ähnlich) des großen Hirten von Anu (Orion). In Assyrien war Capella auch unter dem Namen I-ku („Der Führer“) bekannt und Capella war ihr Schutzstern. 5200 v. Chr. wurden in Ägypten Tempel auf den heliakischen Auf- und Untergang von Capella ausgerichtet und später in Griechenland war er offenbar der Orientierungspunkt eines Tempels in Eleusis, der der Mondgöttin Diana geweiht war. Capella, die „Herrliche Krone“, wurde bei den Römern zur Cornucopiae, dem „Horn des Überflusses und des Reichtums“.
Zur Zeit der Griechen wurde aus dem Krummstab des großen Hirten ein Mann mit einer Peitsche und Zügeln; später ein Mann, der auf einem Wagen mit einer Ziege reitet, die er auf seiner linken Schulter trägt. Diese Ziege – so die alten Griechen – säugte Zeus und wurde aus Dankbarkeit an den Himmel versetzt. Die Griechen assoziierten Auriga u.a. auch mit Heniochos, dem Sohn von Gaia und Hephaistos (dem Gott des Feuers und der Schmiedekunst). Heniochos wurde von Pallas Athene aufgezogen, die ihm auch beibrachte, Wildpferde einzufangen. Heniochos erfand ein vierspänniges Wagengespann und aus Dankbarkeit für diese Erfindung versetzte ihn Zeus an den Sternenhimmel. Einer anderen Version nach handelt es sich um Phaëton, den Sohn des Sonnengottes Helios, der mit dem Sonnenwagen abstürzte. Die Feuerspur dieses Unfalls ist noch heute in der Form der Milchstraße zu sehen. Die Römer identifizierten das Sternbild mit dem griechischen König Erichthonios, der den vierspännigen Wagen erfand.
Das Wintersechseck (vgl. Abbildung) ist also jetzt komplett sichtbar: Verbindet man die Sterne Capella (Fuhrmann), Aldebaran (Stier), Rigel (Orion), Sirius (Großer Hund), Prokyon (Kleiner Hund) und Pollux (Zwillinge) miteinander, so erhält man das – etwas verbogene – Wintersechseck.
Süden
Tief im Süden findet man jetzt einen Fluss am Sternenhimmel – das Sternbild Eridanus, von dem man in unseren Breiten nur einen Teil sehen kann. Achernar, der helle Hauptstern von Eridanus (er gehört zu den Top 10 der hellsten Fixsterne), kann man in Deutschland, Österreich und der Schweiz aber nicht sehen. Der Name „Achernar“ kommt aus dem Arabischen und bedeutet „Stern am Flussende“. Eridanus beginnt am Fuß des Orion beim hellen Stern Rigel, wandert dann südlich hinunter in Richtung Südpol und endet beim Sternbild Phoenix. Man glaubte, dass dies der Fluss war, in den der große Mühlstein des Himmels fiel, als die Erdachse sich durch die Präzession verschob.
Westen
Die Herbststernbilder Pegasus, Schwan, Leier und Füllen sowie die Fische und der Delfin befinden sich bereits im Südwesten. Altair (Sternbild Adler) ist untergegangen – und das Sommerdreieck (bestehend aus Altair, Deneb (Schwan), Wega (Lyra)) hat sich aufgelöst. Wega und Deneb sind noch im Westen (Deneb) und Nordwesten (Wega) zu sehen.
Im Südwesten erkennt man noch (relativ hochstehend) das Pegasusquadrat. Der Widder hatte eben seinen Meridiandurchgang. Den Südwesten nehmen jetzt die Fische und das ausgedehnte Sternbild des Walfischs ein. Fomalhaut, der hellste Stern im Südlichen Fisch (in dessen Maul bei Formalhaut das Wasser aus der Urne des Wassermanns fließt), ist bereits unter dem Horizont verschwunden.