Der Sternenhimmel im Januar
Willkommen im Jahr 2015! Im jüdischen Kalender befinden wir uns mitten im Jahr 5775, das noch bis zum 14. September dauert. Im Islam schreiben wir das Jahr 1436, das am 15. Oktober enden wird. Der Sternenhimmel ist jetzt besonders reich an hellen Sternen. Zu keiner anderen Jahreszeit bietet das nächtliche Firmament so einen schönen Anblick!
Die sichtbaren Planeten
Am 04.01. passiert die Erde den sonnennächsten Punkt auf ihrer Bahn um die Sonne (Perihel-Durchgang).
-
Merkur erreicht am 14.01. seine größte (östliche) Elongation von der Sonne. Vom 09.01. bis 19.01. kann man ihn eventuell abends am Südwesthimmel erspähen. Bei gutem Wetter zeigt sich Merkur auch schon am 07.01. gegen 17.15 MEZ. Sowohl am 10.01. als auch am 11.01. sieht man ihn gegen 18.00 MEZ nahe bei Venus. Am 21.01. (gegen 18.00 MEZ) besucht die schmale Mondsichel Merkur – aber man braucht schon ein Fernglas, um Merkur sehen zu können. Am 21.01. wird er stationär und dann rückläufig: Der Botschafter (Merkur) macht halt, kehrt zum König (Sonne) zurück, läuft auf sie zu – und die Sonne kommt ihm entgegen. Am 30.01. treffen sich beide (untere Konjunktion) – ein neuer Zyklus beginnt.
-
Venus ist Abendstern tief im Südwesten, aber erst im Frühling wird sie zu einem strahlenden Licht am Abendhimmel, das man kaum übersehen kann. Einen hoffentlich sichtbaren (bitte keine Wolkendecke!) Himmelsanblick kann man am 22.01. genießen, wenn sich im Südwesten um 18.30 MEZ der Mond zwischen Venus und Mars schiebt. Am 03.01. wechselt Venus in das Sternbild (nicht Tierkreiszeichen!) Steinbock und am 25.01. in das Sternbild Wassermann.
-
Mars ist Anfang des Jahres noch am (frühen) Abendhimmel zu sehen. Am 09.01. wechselt er in das Sternbild Wassermann. Mars wird langsam dunkler und trifft am 20.01. Neptun (er läuft nur 14′ unter Neptun her), was man aber natürlich nur mit einem Fernglas beobachten kann. Die Mondsichel steht am 22.01. um 18.30 MEZ zwischen Venus und Mars.
-
Jupiter (rückläufig im Löwen und an der Grenze zum Sternbild Krebs) wird zum strahlenden Gestirn, das die ganze Nacht beobachtet werden kann. Er geht auf seine Opposition mit der Sonne zu, die am 06.02. exakt wird. Jupiter wird langsam immer heller – er ist damit (nach dem Untergang von Venus) aktuell der hellste Planet am Firmament. Am 08.01. besucht der fast noch volle Mond den Jupiter.
-
Saturn (im Sternbild Waage) ist – wenn es keine Wolkendecke gibt – früh morgens zu sehen und seine Helligkeit nimmt leicht zu. Am 16.01. passiert er den abnehmenden Mond und wechselt 2 Tage später in das Sternbild Skorpion. Am 30.01. läuft Saturn nördlich am Fixstern Akrab (β Scorpii) vorbei. Richard Hinckley Allen schreibt in seinem unbedingt lesenswerten Buch „Star Names. Their lore and meaning“, dass Akrab zusammen mit den anderen Kopfsternen des Skorpions (Dschubba, δ Scorpii, und Jabbah, ν Scorpii) am Euphrat „Gis-gan-gu-sur“ waren, „das Licht des Helden“ oder „der Baum des Gartens aus Licht“, „in der Mitte des Abgrunds gelegen“. Das erinnert an den Baum des Lebens mitten im Garten Eden. Akrab ist auch auf der Fahne Brasiliens abgebildet, wo er den Bundesstaat Maranhão symbolisiert.
Der Fixsternhimmel
Himmlisches Feuerwerk zu Jahresbeginn – Sternschnuppen!
Das neue Jahr wird mit dem Feuerwerk des Quadrantiden-Meteorstroms eröffnet (01.01. bis 06.01.), die aus dem Sternbild Bootes (Bärenhüter) herauszufliegen scheinen. Die Quadrantiden kennt man erst seit dem 19. Jahrhundert. Die Forschung legt nahe, dass die Position des Radianten sich von Jahr zu Jahr zu ändern scheint – die Quadrantiden bestehen offenbar aus verschiedenen Strömen, die unter dem Einfluss von Jupiters Gravitation entstanden sein könnten. Nach mathematischen Modellen verändert sich seine Bahn um die Sonne wohl so, dass es in einigen Jahrhunderten zu keiner Begegnung mit der Erde mehr kommen wird. Unsere Nachkommen werden also irgendwann auf die Quadrantiden verzichten müssen … Das Maximum ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich; 2015 soll es am Sonntag, 04.01., um 03.00 MEZ erreicht werden – aber der fast volle Mond stört mit seinem Licht.
Schwächere Sternschnuppen (mit weniger als 5 Meteoren pro Stunde) sind die sehr langsamen Delta-Cancriden, die vom 01.01. bis zum 31. 01. beobachtet werden können (Maximum 17.01.), sowie die schnellen Coma Bereniciden, die vom 05.12. bis 31.01. auftauchen und ihr Maximum bereits am 20.12. und 29.12. erreicht haben.
Norden
Im Nordwesten zeigt sich Cassiopeia, ein Sternbild, das man leicht erkennen kann: es sieht aus wie ein großes W. Die mittlere Spitze des Himmels-W zeigt ungefähr auf den Polarstern, der im Sternbild „Kleiner Bär“ liegt. Der Kleine Bär ist – bis auf drei Sterne – recht lichtschwach. Viel leichter ist der Große Wagen zu erkennen, der natürlich nur ein Teil des wesentlich größeren Sternbildes Großer Bär ist. Beide Sternbilder sind bei uns zirkumpolar (d.h. man kann sie das ganze Jahr lang sehen).
Von den Herbstbildern hält sich Perseus noch im Zenitbereich auf. Andromeda, Pegasus, Widder und Fische gehen langsam im Westen unter. In nordwestlicher Richtung ist zurzeit das Sternbild Schwan zu finden (mit seinem Hauptstern Deneb).
Osten
Im Osten stehen die Frühlingssternbilder schon in den Startlöchern. Im Laufe der Nacht nehmen z.B. Jungfrau und Löwe immer mehr Raum am Himmel ein, während die Wintersternbilder mehr und mehr im Westen untergehen.
Der Löwe (mit seinem Hauptstern Regulus) ist gerade aufgegangen. Er ist das bekannteste Frühlingssternbild und gehört natürlich zum Tierkreis. Zu den Tierkreissternbildern (nicht tropische Tierkreiszeichen!) gehören jene dreizehn Sternbilder, durch die die scheinbare Sonnenbahn (die Ekliptik) zieht. Halbhoch in östlicher Richtung ist der „Kleiner Löwe“ zu finden.
Hoch im Osten kann man auch die beiden Sternenketten der Zwillinge sehen. Ihre beiden hellsten Sterne sind Castor und Pollux.
Süden
Orion steht jetzt halbhoch im Süden. Von allen Wintersternbildern ist er wohl das prominenteste. Orion liegt auf dem Himmelsäquator und ist in allen bewohnten Teilen der Welt zu sehen.
In Ägypten ist Orion mit dem Gott Osiris gleichgesetzt, zu dem die Seele des verstorbenen Pharaos in Falkenform aufstieg, um sich mit dem Gott wiederzuvereinen. Aber die Präzession führte dazu, dass Orion zum Zeitpunkt des ägyptischen Jahresbeginns am Himmel immer tiefer sank – Orion starb (symbolisch gesehen) langsam. Um dies zu erklären, entwickelten die Ägypter das Konzept eines unsterblichen Gottes, der starb, und seinen Thron an seinen Sohn (Horus) weitergab. Für die Mesopotamier war Orion der große Hirte von Anu, der die Herden des Himmels schützte. Mehrere tausend Jahre später verwandelten die Griechen Orion in einen riesigen, lästigen Bewunderer von Artemis. Artemis wiederum erschuf einen riesigen Skorpion, der ihn in den Fuß stach. Orion erblindete deswegen, aber er gewann sein Augenlicht zurück, indem er den Sonnenaufgang beobachtete. Dieser Mythos wiederholt sich in der Beobachtung, dass im Norden, wenn der Skorpion aufgeht, Orion untergeht. Eine andere Version der Geschichte war, dass Artemis Orions Avancen genoss, aber ausgetrickst wurde und ihn deswegen zufällig töte. Er schwamm ins Meer (eine Metapher dafür, dass das Sternbild durch die Effekte der Präzession ins Meer abglitt), wo sie ihn mit Treibholz verwechselte und ihn als Übungszielscheibe benutzte. In der türkischen Kultur (und einigen anderen) ist Orion der „Beschützer der Himmel“ als Schwertkämpfer auf dem Pferderücken. Am häufigsten wird er als Bogenschütze dargestellt, der mit seinem Pfeil auf Aldebaran zielt, dem Auge des Stieres. Daher kommt der englische Ausdruck „Bull’s Eye“, Deutsch „ins Schwarze treffen“, „Volltreffer“, auch das Zentrum der Zielscheibe. Die antiken Höhlenmalereien in Lascaux scheinen Orion als Schamanen zu zeigen.
Die hellsten Sterne dieses Sternbildes sind Beteigeuze, Bellatrix und Rigel. Beteiguze ist ein heller, rötlicher Stern und deutet Orions östliche Schulter an. Rigel liegt im westlichen Fuß und funkelt bläulich-weiß. Beteigeuze und Rigel sind arabische Namen und bedeuten „Schulter“ beziehungsweise „Fuß“. Da Rigel trotz seiner relativ großen Entfernung zu den hellsten Sternen am Himmel zählt (er belegt Platz 7 der hellsten Fixsterne), muss seine Leuchtkraft riesig sein; er leuchtet so hell wie 60000 Sonnen.
Zwischen Beteigeuze und Rigel liegen drei Sterne in einer Reihe: Alnitak, Alnilam und Mintaka. Sie stellen den Gürtel des Orion dar und sie wurden auch als die Heiligen Drei Könige angesehen. Robert Bauval und Adrian Glibert haben überzeugend einen Zusammenhang zwischen dem Gürtel des Orion und der Platzierung der drei großen Pyramiden von Gizeh (vgl. „Das Orion Geheimnis“, 1994) zeigen können. Die Landbevölkerung sah in ihnen drei Schnitter, die die Ernte einfahren, da die Gürtelsterne zur Erntezeit im August zu sehen sind (wenn die Feldarbeiter morgens mit ihrer Arbeit anfangen).
Direkt bei Orion sind der Große und der Kleine Hund. Tief im Südosten flackert unübersehbar der blauweiße Sirius, der Hauptstern des „Großen Hundes“. Mit -1,5 mag ist Sirius der hellste Fixstern; nur Venus und Jupiter (und manchmal Mars) übertreffen Sirius an Helligkeit. Ein wenig höher als Sirius steht der gelbliche Stern Prokyon im Sternbild „Kleiner Hund“. Prokyon bedeutet auf Griechisch so viel wie „Vorhund“, denn Prokyon geht in unseren Breiten vor Sirius auf; er kündigt mit seinem Auftauchen am Osthorizont den baldigen Aufgang des Sirius an.
Das Sternbild Fuhrmann (Auriga) fällt wegen seines hellen Sternes Capella auf. Daran schließt sich in südlicher Richtung das Sternbild Stier an. Der hellste Stern ist Aldebaran, der rötlich leuchtet. Aldebaran liegt mitten im Sternhaufen der Hyaden, gehört aber nicht zu ihm. Noch ein weiterer Sternhaufen ist in der Schulter des Stieres zu sehen: die Plejaden oder „das Siebengestirn“.
Auch das Band der Milchstraße ist nun im Südosten zu sehen, allerdings nur in Gegenden ohne zu viel künstliches Licht. In dunklen Gegenden sieht man, wie sich die Milchstraße durch Sirius, die Zwillinge, den Fuhrmann, Perseus und Cassiopeia läuft und zum Nordwesthorizont hinabsteigt.
Westen
Im Südwesten findet man nur lichtschwache Sternbilder: den Walfisch (Cetus) und den Fluss Eridanus. Auf modernen Sternkarten erstreckt sich der Wal über 500: von der Urne des Wassermanns bis an den Rand von Eridanus. Den Griechen zufolge ist Cetus das Seeungeheuer, das ausgeschickt wurde, um Andromeda zu verschlingen. Jedoch rettete Perseus sie mit dem abgetrennten Kopf der Medusa, durch den das Seeungeheuer zu Stein erstarrte. Aber die Geschichten über diesen Himmels-Wal scheinen älter als die griechische Version zu sein. Cetus wurde manchmal mit einem Hundekopf und Hundevorderbeinen und mit einem meerjungfrauartigen Schwanz dargestellt und erinnert eher an das Loch Ness-Monster. Im 4. Jahrhundert v. Chr. spricht Aratus von Cetus als „das verhasste Ungeheuer“. Die christliche Mythologie sah in diesem Sternbild den Wal, der Jona verschlang.