Die Astrologie: Eine Wissenschaft?
Eine Debatte – Ist die Astrologie messbar? Beweisbar? Oder Erfahrung?
Mit Beginn der Neuzeit im 15./16. Jahrhundert breitete sich die Überzeugung aus, mit Hilfe der Wissenschaft könne der Mensch alle Geheimnisse der Natur ergründen. Tatsächlich gab es bahnbrechende Erfindungen und Entdeckungen, die unser Leben bis heute prägen: vom Buchdruck bis zur Unterwerfung fremder Kontinente; von der Reformation und der Etablierung des heliozentrischen Weltbilds bis hin zu dem Bewusstsein von einem mit unveräußerlichen Rechten ausgestatteten Individuum.
Durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse wurde die Position der allmächtigen Kirche geschwächt. Wenn die Erde als Gottes Schöpfung nicht mehr im Mittelpunkt stand, konnten seine Vertreter auf Erden auch nicht länger das Zentrum der Macht für sich beanspruchen. Gleichzeitig betonte die Philosophie des Humanismus Ethik, Moral und Selbstreflexion als wichtigen Bestandteil der Religion.
Im 17. Jahrhundert brach die Naturwissenschaft zu neuen Horizonten auf. Die Welt, der Kosmos und alle darin enthaltenen Erscheinungen sollten wissenschaftlich erklärt werden. Mit dem Gravitationsgesetz schuf Isaac Newton den Grundstein zur klassischen Mechanik. Zudem erkannte er, dass die Schwerkraft die Ursache für die Planetenbewegungen ist und er arbeitete an einem Sternenkatalog. Daneben legten die Forschungen von Gottfried Wilhelm Leibniz die Basis für die moderne Mathematik und Physik.
Die Astrologie – bis zu Beginn der Neuzeit ein fester Bestandteil der Wissenschaft – war neben der Kirche der Verlierer der Entwicklung. Beide widersetzten sich lange dem mechanischen Weltbild, wonach alle Erscheinungsformen wissenschaftlich erklärbar sind. 1817 wurde der letzte astrologische Lehrstuhl von Prof. Julius Pfaff an der Universität Erlangen geschlossen.
Inzwischen wird auch das mechanische Weltbild infrage gestellt, und die Astrologie konnte – nicht zuletzt dank der aufkommenden Psychologie – wieder an Einfluss gewinnen. Eines jedoch bleibt ihr bis heute verwehrt: Die Anerkennung als Wissenschaft; die Achtung von Forschung und Lehre.
Astrologen reagieren unterschiedlich darauf. Manche versuchen eine Brücke zu den Naturwissenschaften zu schlagen; andere heben hervor, dass die Astrologie eine Erfahrungsdisziplin ist, die sich jeder wissenschaftlichen Verifizierbarkeit entzieht und deshalb auch nicht danach trachten sollte, von der Wissenschaft wieder anerkannt zu werden.
Im Folgenden veröffentlichen wir drei Beiträge, die unterschiedliche Positionen zum Verständnis und zur Rolle der Astrologie widerspiegeln.
- In Ihrem Artikel, „Astrologie, eine Symbolsprache zwischen Kunst und Wissenschaft“ distanziert sich Helen Fritsch nicht von der Wissenschaft, geht jedoch darüber hinaus, weil sie in den Symbolen die Basis der astrologischen Aussagen sieht, die niemals die Eindeutigkeit erlangen, die von der Wissenschaft gefordert wird.
- Mit ihrem Beitrag „Astrologie und Physik Hand in Hand“ zeigt Bettina Hegener Parallelen zwischen der Astrologie und der Physik auf. Sie betrachtet die Astrologie zwar auch als Erfahrungsdisziplin, möchte aber die Verbindung zur Naturwissenschaft nicht aus dem Auge verlieren.
- In seinem Aufsatz über „Astrologie als Erfahrungsdisziplin“ sieht Klemens Ludwig die Astrologie als Fachgebiet, der mit wissenschaftlichen Kriterien nicht zu erfassen ist; „und das ist auch gut so“.
Wir wünschen Ihnen eine angenehme und anregende Lektüre.
Klemens Ludwig