„Mit der Zeit schien mir der progressive Mond die Reise meiner Seele zu zeigen“
Darby Costello ist eine der renommiertesten zeitgenössischen Astrologinnen. Die gebürtige Amerikanerin arbeitete nach ihrer astrologischen Ausbildung in den 1960er Jahren lange Zeit in Afrika mit Medizinmännern. Heute lehrt und publiziert sie in London, u. a. am „Zentrum für Psychologische Astrologie“ von Liz Greene. Ihr Buch „Der astrologische Mond“ erschien 2015 auf Deutsch.
Christian König sprach mit ihr in Oxford über ihre Erfahrungen mit deutschen Astrologen, dem progressiven Mond und ihren Vortrag auf dem DAV-Kongress am 4. Oktober. Gaby Marske-Power hat das Interview aus dem Englischen übersetzt.
DAV: Bist Du mit Deinem Vortrag auf dem DAV-Kongress 2015 auf Deinem ersten Astrologie-Kongress in Deutschland?
Darby Costello: Ja, ich denke, das ist meine erste richtige Tagung. Seit vielen Jahren halte ich in Deutschland Vorträge und unterrichte dort, aber das ist meine erste Tagung.
DAV: Wir freuen uns!
Darby Costello: (lacht) Ich freue mich!
DAV: Wie gestaltet sich Deine Beziehung zu Deutschland und zur deutschen Astrologen-Szene?
Darby Costello: Mhhhm! Sie ist sehr zärtlich! 1988 wechselte Jupiter in den Stier und bildete eine Konjunktion mit Merkur in meinem 9. Haus. Ich fing an, am CPA (Anm.: Centre For Psychological Astrology) zu unterrichten und sagte zu meinem Fische-Ehemann: “Ich würde gerne reisen und im Ausland Vorträge halten.“ Und innerhalb eines Monats oder so kam eine Frau zu mir, die einen meiner Vorträge gehört hatte und fragte mich, ob ich nach Deutschland käme um dort zu unterrichten! Sie fragte: “ Kommst Du nach Bochum?” Ich kam nach Hause und sagte: “Es ist passiert – ich wurde eingeladen, in einem anderen Land zu unterrichten!” So kam ich 1989 nach Bochum und gab ein Seminar in Monika Heers Schule. Und dann, ein paar Jahre später, als ich während einer Tagung in Holland einen Vortrag hielt, traf ich Klaus Bonert. Er lud mich ein, etwas in Hamburg anzubieten, und das habe ich dann auch gemacht. Und dann kam ich wieder. Und dann noch einmal. Und dann noch einmal. Ich glaube, ich habe in den vergangenen 30 Jahren in Deutschland häufiger als in jedem anderen Land – ausgenommen England, natürlich – unterrichtet. Inzwischen reise und lehre ich in vielen verschiedenen Ländern, aber jedes zweite Jahr kehre ich nach Deutschland zurück und unterrichte bei Klaus in Hamburg. Und irgendwann, Mitte der 90er Jahre, sprach ich auf einer der amerikanischen Tagungen und traf Alexander von Schlieffen. Er lud mich damals nach Köln ein, und ich unterrichtete dort an der Schule von Heidi Treier. Ich weiß nicht, es geht einfach immer weiter, ich weiß nicht, warum – aber ich bin begeistert! Ich genieße meine deutschen Bekannten, ich mag sie sehr!
DAV: Auf unserer Tagung wirst Du über den progressiven Mond sprechen. Welche persönliche Erfahrung hast Du mit dem progressiven Mond?
Darby Costello: Als ich in den 60er Jahren begann, Astrologie zu erlernen, machte mich eine Freundin, die Astrologin war, mit dem progressiven Mond vertraut. Sie liebte ihn, nutzte ihn für jedes Horoskop, und ich folgte ihr darin von Anfang an. Anfangs beobachtete ich, was er mir mitteilte und wie sich meine innere Orientierung mit jedem Zeichenwechsel änderte. 27 Jahre hindurch beobachtete ich dies – in mir und in anderen. Ich lernte die Schöne und das Biest in dem Ganzen kennen; ich meine damit das Schlechteste und das Beste jedes Zeichens, das er durchlief. Das Wachsen und das Abnehmen der Gefühle, die mit jedem Zeichen assoziiert werden. Mit der Zeit schien er mir auf eine Art die Reise meiner Seele zu zeigen.
James Hillman hat etwas gesagt, das mich so tief berührt hat – etwas darüber, dass die Seele Ereignisse in Erfahrung umwandelt. Und das war es, was ich zum progressiven Mond fühlte – seine Zeichen, Häuser und Aspekte beschreiben, wie die Ereignisse, die mit zum Alltag gehören, zu gefühlten und gelebten Erfahrungen werden. Und als ich ihm dann 27 Jahre gefolgt war – einen ganzen Zyklus hindurch – startete Liz Greene mit dem CPA-Verlag und sagte: “Ich würde mich freuen, wenn Du ein Buch für den CPA-Verlag schreibst”. Ich entgegnete: “Nein, kann ich nicht! Ich weiß nicht, worüber ich schreiben soll – oder wie!“ Und sie sagte: “Schreib´ über den progressiven Mond. Du hast ihn so lang studiert und Du sprichst andauernd über ihn. Du liebst ihn!“ Da hab´ ich´s dann gemacht. Es war eine wundervolle Erfahrung. Ich liebe ihn wirklich.
DAV: Dies ist die Geschichte Deines Buches über den Mond, das bald auch in Deutschland heraus kommt?
Darby Costello: Ja, genau! Und ich habe es zur Mond-Wiederkehr meines ersten Treffens mit dem progressiven Mond geschrieben, bei dem ich mich gleich in ihn verliebt hatte. So war es irgendwie perfekt.
DAV: Wirst Du über den Zyklus des progressiven Mondes im Allgemeinen sprechen?
Darby Costello: Ich werde über den Zyklus sprechen und was es zu beachten gilt, wenn sich der progressive Mond von Zeichen zu Zeichen bewegt; von frühester Kindheit an, zum nächsten Zeichen und seine Beziehung zum eigenen Geburtsmond – sich wachsend von der Mutter wegentwickelnd, bei der man geboren wurde, Zeichen nach Zeichen, bis zur ersten Mond-Wiederkehr – wie ich sage, wenn man dann sich selbst gebiert – und dann geht es erneut einmal um das Horoskop. Mir scheint es so, dass es durch das Einstimmen auf seine Rhythmen möglich ist, den Kontakt zur Reise der eigenen Seele aufzunehmen. Natürlich gibt es andere Möglichkeiten, dies zu tun, doch für mich ist der Weg des progressiven Mondes ein Weg einer Astrologin.
DAV: Was ist denn die Beziehung zwischen dem progressiven Mond und den Transiten?
Darby Costello: Besonders fasziniert mich die Beziehung zwischen dem progressiven Mond und dem transitierenden Saturn. Der Saturn-Zyklus dauert knapp 30, der Zyklus des progressiven Mondes knapp 28 Jahre. Die erste Wiederkehr des Mondes findet ungefähr ein Jahr vor der ersten Saturn-Wiederkehr statt. Die zweite Mond-Wiederkehr findet um die 5 Jahre vor der zweiten Saturn-Wiederkehr statt. Als ich das erlebte und meine Freundinnen und Klientinnen in deren Durchleben dieser Jahre beobachtete, erschien es mir, als hätten wir äußere Ereignisse von inneren Erfahrungen abgetrennt. Anders gesagt, das Fühlen, das innere Leben, nennen wir es das Seelenleben, wurde nicht mehr direkt mit den äußeren Ereignissen verknüpft. Würdest Du mit 60 Jahren von jemandem zurück gewiesen, oder hättest Du in dem Alter irgendetwas falsch gemacht, könntest Du vielleicht ein wenig entfernt vom Geschehen stehen, wärest Du jedoch 30 Jahre alt, würde es sich so anfühlen, als ginge es einfach um Alles.
Dies gilt für diejenigen, die aufmerksam sind, die mit ihren Erfahrungen so umgehen wollen, dass sie weise werden – und die Kraft der Selbst-Reflektion entwickeln.
DAV: Alexander von Schlieffen wird übersetzen. Zu übersetzen und selbst übersetzt zu werden – beides kann sich schwierig gestalten…
Darby Costello: Ja! Damit es funktioniert, braucht es Resonanz zwischen den beiden Menschen. Alexander und ich haben schon oft miteinander gearbeitet – gemeinsame workshops in England und über all die Jahre hat er mich schon mehrere Male an unterschiedIichen Orten in Deutschland übersetzt. Als wir uns trafen, kam es mir vor, als würde ich ihn bereits schon lange kennen. Tatsächlich denke ich, dass ich ihn ganz schön geschockt habe, als ich ihm, kaum dass wir uns gerade getroffen hatten, direkt sagte, dass wir uns nun für das gesamte verbleibende Leben kennen. Ich wusste es einfach. Es war, als sei er ein Cousin aus einem Zweig der Familie, die fortgegangen war, um in einem anderen Land zu leben. Und: wir sind beide Zwillinge – vielleicht der Grund, warum ich mich so wohl damit fühle, dass er meine Worte übersetzt.
DAV: Darby, möchtest Du etwas Wichtiges ergänzen, dass ich vergessen habe, zu fragen?
Darby Costello: Einfach nur, dass ich mich darauf freue, Astrologen und Astrologinnen in Bonn zu treffen. Ich freue mich auf das Gespräch – sobald jemand zu einer neuen Gruppe spricht, ist es immer wieder interessant zu beobachten, dass im Raum nach einigen Minuten ein Energieaustausch zwischen Redner und Zuhörenden wahrzunehmen ist. Eine besondere Art der Unterhaltung und wenn diese funktioniert, werden dann alle – Redner und Zuhörende – mit einem veränderten Gespür für die Thematik auseinander gehen. Das Zuhören kann so lebendig wie das Reden sein – wenn die Chemie stimmt! Die Zuhörenden informieren die Rednerin ebenso, wie dies umgekehrt geschieht. Da ist dieser Tanz zwischen der Rednerin und dem Übersetzer, zwischen dem Übersetzer und den Zuhörenden und zwischen der Rednerin und den Zuhörenden. Das ist ein Tanz! Und ich freue mich schon auf die Erfahrung des neuen und besonderen Tanzes in Bonn.
DAV: Danke sehr, Darby! Wir freuen uns sehr, dass Du auf unserer Tagung einen Vortrag hältst – und darauf, Dich in Bonn treffen zu können!
Das Interview führte Christian König, übersetzt von Gaby Marske-Power.