„Mit der Astrologie und der Kunst schaffen wir einen freien Raum in einer Zeit, die immer schneller und atemloser wird“
Zum Anlass des DAV-Kongresses im Oktober 2015 wird der Publizist, Minderheitserxperte und Astrologe, Klemens Ludwig, einen Vortrag halten: „Uranias Kuss – Astrologie und Kunst“. Die erste Vorsitzende, Helen Fritsch, sprach mit ihm über die Verbindung von Astrologie und Kunst.
DAV: Dein Buch „Astrologie und Kunst“ ist 2013 im Chiron Verlag erschienen. Wie bist auf die Idee gekommen, ein Buch über dieses Thema zu schreiben?
Klemens Ludwig: Es gibt bereits einzelne Werke zu diesem Thema, wie zum Beispiel Erich von Beckerrath „Geheimsprache der Bilder“ oder Dieter Blume „Regenten des Himmels“, die mich sehr beeindruckt haben. Daran wollte ich anknüpfen, aber auch darüber hinaus gehen. Ich wollte nicht nur bedeutende Kunstwerke astrologisch interpretieren, sondern sie auch in einen kultur-historischen Zusammenhang stellen.
Das ist es, was mich selbst besonders interessiert, die Frage, inwieweit die Astrologie als Teil eines kultur-historischen Umfelds sichtbar wird. Astrologie ist altes anerkanntes Kulturgut und diente großen Künstlern als wichtige Inspirationsquelle. Giotto, Tizian, da Vinci und Dürer sind hier nur die bekanntesten Namen. Astrologie ist Teil eines großen kulturellen Erbes.
DAV: Wie tief ging das Interesse der Künstler für die Astrologie?
Klemens Ludwig: Das war natürlich individuell unterschiedlich. Generell lässt sich sagen, dass dieses Interesse bis in die heutige Zeit hinein deutlich wird. Andy Warhol beispielsweise hat einen eigenen astrologischen Zyklus geschaffen und kommentiert. Dürer war astrologisch sehr bewandert und da Vincis spirituelle Suche hat ihn auch zu einer Beschäftigung mit der Astrologie geführt. Aber die Künstler waren immer auch Spiegelbild ihrer Gesellschaft. Dementsprechend war auch ihre Beschäftigung mit der Astrologie gelagert. Die Renaissance-Künstler waren insgesamt diejenigen, die mit ihr am meisten vertraut waren.
DAV: Wie tritt die Darstellung der Astrologie in der Kunst auf?
Klemens Ludwig: Bis in die Neuzeit war Kunst weitgehend sakrale Kunst. Sie war fest eingebunden in das, was Kirche und Religion vermitteln wollten. Der Sternenhimmel als Teil von Gottes Schöpfung war ein wichtiger Teil des damaligen Weltbilds, und somit sind die astrologischen Darstellungen in Kirchen und Klöstern weit verbreitet. Die Astrologie war eine Möglichkeit, um mehr über Gottes Schöpfung zu erfahren.
DAV: Nach der Trennung der Kirche von der Astrologie hat sich doch sicherlich eine Veränderung ergeben?
Klemens Ludwig: Ich glaube, dass hat nicht unbedingt nur etwas mit der Kirche zu tun. Allgemein wurden wir mit der Aufklärung und später mit der Industrialisierung immer rationaler und der ganze Bereich der Spiritualität, zu dem ich auch die Verbindung von Astrologie und Kunst zähle, verschwand zunehmend aus der öffentlichen Wahrnehmung.
DAV: Kommen wir auf Deinen Vortrag „Uranias Kuss – Astrologie und Kunst“ beim DAV-Kongress im Oktober 2015 zu sprechen. In der Spätantike wurde die pythagoreische Vorstellung von der Sphärenharmonie so dargestellt, als würden sich die neun Musen auf die einzelnen Himmelssphären verteilen. Urania wurde dabei der Fixsternhimmel und damit zugleich der höchste Ton zugedacht. Wie werden Künstler denn überhaupt von der Muse Urania geküsst? Welche Inspiration ziehen Sie aus Uranias Kuss?
Klemens Ludwig: Die meisten Künstler sagen, das zu schaffende Kunstwerk ist in mir oder meinem Material. Wir können es nicht rationalisieren, sonst verliert es seinen Zauber. Es ist eine Art innerer Drang. Uranias Kuss wird als Wachküssen von diesem Potential erlebt und bringt etwas zum Ausdruck, was schon immer vorhanden war im Künstler.
DAV: Gibt es eine Wechselwirkung zwischen Kunst und Astrologie? Hat die Kunst auch die Astrologie beeinflusst?
Klemens Ludwig: Ja, ganz sicher, diese Wechselwirkung trägt dazu bei, dass Künstler durch die Astrologie inspiriert werden. Gleichzeitig sehen wir alle als Astrologen, welch wunderbaren Werke durch diese Verbindung entstanden sind. So erfahren wir mehr Achtung und Anerkennung. Wir fühlen uns verbunden mit der eigenen Disziplin und können selbstbewusst das eigene System vertreten. Nicht vergessen werden sollte auch, dass bedeutende Astrologen große Künstler waren; oder ist es umgekehrt? Dane Rudhyar oder Thomas Ring zum Beispiel.
DAV: Kein Astrologie-Unterricht kommt ohne Bilder und Analogien aus. Können wir Astrologie besser verstehen, wenn wir uns mit der Kunst befassen?
Klemens Ludwig: Das ist offensichtlich, denn beide, Astrologie und Kunst entziehen sich einer rein rationalen Erfassung. In der Gesellschaft besteht ein Drang, alles rational einzuordnen. Mit der Astrologie und der Kunst schaffen wir einen freien Raum, der sehr tröstlich sein kann in der heutigen Zeit, die immer schneller und atemloser wird. Hier ticken die Uhren ganz einfach anders.
DAV: Welche Themen planst Du für Deinen Vortrag? Womit wirst Du uns in Bonn bereichern?
Klemens Ludwig: Ich werde anhand der Kunstepochen und einzelner exemplarischer Werke aus den unterschiedlichen Zeiten zeigen, wie Wechselwirkungen stattgefunden haben. Dass heißt, ich möchte zeigen, wie Astrologie Teil einer kulturellen und historischen Entwicklung gewesen ist und diese beeinflusst hat – eine Art gegenseitige Abhängigkeit.
Anhand ausgewählter Horoskope möchte ich aber auch zeigen, wie sich einzelne Künstler, von der Astrologie beeinflusst, künstlerisch betätigt haben. Was zeichnet die Künstler aus astrologischer Sicht aus? Das ist der praktische Teil meines Vortrags. Ich mache also in Bonn auch Horoskopinterpretation.
Ein anderer Blick geht darauf, ob es bestimmte Werke zu astrologisch relevanten Zeitpunkten gab, an denen es beispielsweise markante mundane Konstellationen gab, wie besondere Transite oder Sekundärprogressionen, die sich in der Radix widerspiegeln. Mich beschäftigt die Frage, warum bestimmte Künstler zu bestimmten Zeiten besondere Werke geschaffen haben.
Zudem habe ich noch ein paar spannende Überraschungen parat. Ich werde zeigen, wie späteren Generationen – vor allem in der Kirche – das astrologische Interesse ihrer Vorgänger offenbar peinlich war. Sie haben deshalb großartige Kunstwerke vor der Öffentlichkeit verborgen. Dennoch ist es ihnen allenfalls vorübergehend gelungen, einen Schleier des Vergessens darüber zu legen. Auslöschen konnten sie die Erinnerung nicht und allmählich dringt das Verborgene wieder an die Öffentlichkeit.
Wo und wann das gesehen ist, verrate ich in Bonn.
DAV: Klemens, vielen Dank für das Interview.
Helen Fritsch