Liebe Frau Cortesi, Sie sind vielen bekannt als Autorin des wunderschönen Buches „Kinderhoroskope – deuten und verstehen“.
Was war damals die Motivation ein solches Buch zu schreiben?
Ich erzählte meinen zwei Kindern und ihren Kameraden sehr oft Märchen. Diese spielten die Kinder dann. Ich verglich die Rollen, die sie wählten, mit ihren Horoskopen. Die erstaunliche Übereinstimmung faszinierte mich so sehr, dass ich systematisch mit einem Kind spielte, mit den Eltern sprach und dann die Horoskope der ganzen Familie studierte. Dann traf ich auf Markus Jehle vom Bauer Verlag (damaliger Astrologie-Verlag in Freiburg). Das Gespräch war der Anfang von diesem Buch.
Was macht denn das Besondere eines Kinderhoroskop aus?
Ein Kinderhoroskop ist zuerst einmal genauso wie jedes andere Horoskop eine grafische Darstellung von Planeten zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort. Das Besondere ist die Deutung. Ein Kind hat – verglichen mit einem Erwachsenen – altershalber noch sehr wenig Möglichkeiten, sein Leben zu gestalten. Deshalb ist es für einen Astrologen einfacher, die Entsprechungen zu sehen. Zum Beispiel braucht ein Stiermond-Kind ein ganz bestimmtes eigenes Kuscheltier, ein Wassermannmond-Kind dagegen fühlt sich wohl, wenn es viele Stofftiere zur Auswahl hat. Verblüffend klar ist die Situation, weil beinahe jedes Kleinkind Stofftiere hat und seine Mondqualität damit zum Ausdruck bringt.
Weil Kinder ihr Horoskop so viel einfacher und klarer zum Ausdruck bringen als Erwachsene, kann man sehr viel über Astrologie lernen, indem man Kinder beobachtet. Umgekehrt ist das Kinderhoroskop auch ein ausgezeichnetes Hilfsmittel, den Eltern zu mehr Verständnis und Akzeptanz zu helfen. Voraussetzung ist allerdings ein Grundwissen über die Entwicklungspsychologie des Kindes.
Wenn Sie von Kinderhoroskopen sprechen, welchen Altersbereich haben Sie dann im Auge?
Was ich über Kinderhoroskope geschrieben habe, betrifft Kinder von etwa 3 bis 12 Jahren. Aber natürlich ist ein Kinderhoroskop nie etwas Statisches. Es gibt eine persönliche Entwicklung, genauso wie bei einem Erwachsenen, nur ist sie viel schneller und besser sichtbar.
Kinderhoroskope werden meistens von Eltern in Auftrag gegeben. Welche Rechte der Kinder sollte bei der Deutung beachtet werden?
Das ist ein sehr heikles Thema und erfordert Fingerspitzengefühl. Im Laufe der Jahre bin ich in Beratungen immer vorsichtiger geworden. Kinder älter als zehn Jahre waren bei der Beratung stets zumindest teilweise zugegen. Es war mir wichtig, die Grenzen der Astrologie aufzuzeigen, dem Kind zu sagen, dass im Horoskop nicht steht, ob es Schokolade klaut u.ä. Beratungen sollten grundsätzlich nur für Eltern sein, nicht z.B. für Paten oder Lehrpersonen. Die Eltern müssen sich selbst einbringen, indem sie ihre eigenen Daten auch geben.
Bis zu welchem Alter der Kinder würden Sie es akzeptieren, dass über sie ein Horoskop gedeutet wird?
Wenn das Kind verständig genug ist – und das sind manchmal schon vierjährige – sollen die Eltern ihm sagen, was sie tun. Die Eltern sind meistens sehr kooperativ, wenn sie bei der Anmeldung des Beratungsgesprächs darauf hingewiesen werden. Ist das Kind ausdrücklich einverstanden, dass über es gesprochen wird, würde ich dies bis zu 10 Jahren akzeptieren. Ist das Kind älter, soll es mindestens teilweise beim Beratungsgespräch dabei sein.
Wie sinnvoll ist es, bei der Deutung von Kinderhoroskopen auch die Horoskope der Eltern und eventuell die der Geschwister mit einzubeziehen?
Geht es um die Rolle des Kindes, die es in der Familie spielt, geben die Horoskope aller in der Familie lebenden Mitglieder Hinweise über die Rollenverteilung. Ist die Beziehung z.B. zwischen Mutter und Kind Gesprächsthema, so soll das Horoskop der Mutter auf jeden Fall einbezogen werden. Wichtig ist, bei der Anmeldung abzuklären, was ungefähr besprochen wird, so dass man die entsprechenden Horoskope hat (ohne dabei über Abwesende zu sprechen!).
Welchen Nutzen, hoffen Sie, können Eltern aus dem Kinderhoroskop ziehen?
Eltern können ihr Kind besser verstehen und die Andersartigkeit des Kindes besser akzeptieren. Oft hilft das Kinderhoroskop, Probleme eines Kindes gezielter anzugehen und es besser zu unterstützen.
Sicher haben Sie auch für Ihre Töchter mal ein Kinderhoroskop erstellt. Wie blicken sie nun, wo sie erwachsen sind, auf die damals erstellten Horoskope?
Für meine mittlerweile mehr als 40-jährigen Kinder (eine Tochter und ein Sohn) ist die Astrologie heute ein Hilfsmittel wie vieles andere auch. Rückblickend sehen sie den Einfluss, den meine Beschäftigung mit Kinderhoroskopen auf ihre Kindheit ausübte, grundsätzlich als positiv.
An meine Tochter habe ich Ihre Frage weiter gegeben. Sie sagt, sie sei sehr dankbar, dass sie mit einem Weltbild aufwachsen durfte, dass die Menschen als unterschiedliche Wesen begreift. Das gab ihr ein gutes Selbstvertrauen und viel Verständnis für sich und andere. Sie ist beruflich im Coaching für Arbeitsteams in Firmen tätig und sagt, die als Kind vermittelt bekommene Sichtweise, Menschen als grundsätzlich unterschiedlich zu sehen, erleichtere ihr sehr ein effektives Coaching.
Liebe Anita, ganz herzlichen Dank für Deine höchst interessanten Ausführungen.
Das Interview mit Anita Cortesi führte Dr. Wolfgang Steven (1. Vors. DAV)
Dezember 2023