DAV-Interview mit Bernadette Brady
„Fixsterne symbolisieren die Seelenessenz des Individuums vor dem Horoskop“
Bernadette Brady, geboren am 10. März 1950, um 23:15 Uhr in Adelaide (Australien), arbeitet seit 1980 als Astrologin und leitete lange die australische Astrologenvereinigung. Heute lebt sie in England und übt eine rege Lehr-, Vortrags- und publizistische Tätigkeit aus. Zudem entwickelt sie astrologische Software. Besonders am Herzen liegt ihr die Fixsternastrologie, deren Bedeutung sie für die moderne Astrologie wiederentdeckt hat, sowie der Kontakt zur Naturwissenschaft, aus der sie selbst stammt. Ihre astrologische Arbeit wurde 2006 mit dem Charles Harvey-Preis für besondere Verdienste um die Astrologie und 2008 mit dem Regulus-Preis für Theorie und Verständnis der Astrologie ausgezeichnet.
Klemens Ludwig sprach mit ihr über die alte Weisheit, die sich durch die Fixsterne offenbart, die Verbindung zu den Planeten und ihren Weg zur Astrologie.
DAV: Du bist eine der Pionierinnen der Fixstern-Astrologie, im englischen „Visual Astrology“, also ganzheitlich anschaubare Astrologie. Wie kamst du dazu, die Fixsterne über die Planeten und Zeichen hinaus so stark ins Zentrum deiner Arbeit zu stellen?
Bernadette Brady: Das ergab sich einfach, vielleicht dadurch bedingt, dass ich in Australien geboren und aufgewachsen bin, wo es einen wunderbaren Blick auf den südlichen Sternenhimmel gibt. Als Astrologin wurde ich häufig gefragt, „welcher Stern ist das? Oder der?“ Das war für mich eine Motivation, mich intensiver mit den Fixsternen zu befassen.
DAV: Auf welche Art gelangtest du dann zu Erkenntnissen?
Bernadette Brady: Das verdanke ich maßgeblich dem Kontakt mit Robert Hand. Er war immer mal wieder unser Gast in Australien, und er ist ein ungemein großzügiger, offener und innovativer Mensch, der schon frühzeitig, etwa seit 1986, mit dem Computer Berechnungen angestellt hat. Bei einer Gelegenheit fragte er mich, „kann ich dir einen Gefallen tun?“ Ich antwortete, „oh ja, wenn du mir deine Dateien mit den Positionen der Fixsterne zur Verfügung stellen könntest?“ Natürlich war er sofort einverstanden, und ich konnte meine planetarische Software mit seinen Fixstern-Dateien füttern. Diese neuen Möglichkeiten haben mich elektrisiert. Ich bin eine immer engere Beziehung mit den Fixsternen eingegangen und ich habe mich gefragt, wenn die Fixsterne so dominant sind, warum sind sie in der Astrologie so wenig präsent?
DAV: Gute Frage, hast du auch eine Antwort darauf erhalten?
Bernadette Brady: Noch nicht endgültig, aber es war Anstoß, immer mehr zu den Ursprüngen zurückzukehren, zur antiken und darüber hinaus zur ägyptischen Astrologie. Ich habe mich intensiv mit Ptolemäus befasst. In seinem Werk „Almagest“ entwickelt er Theorien über Sonne, Mond, die Planeten und Fixsterne und veröffentlicht einen Ster-nenkatalog mit über tausend Objekten. Dadurch war es möglich, den Aufgang und Untergang der Fixsterne zu berechnen. In der ägyptischen Astrologie wird dem Aufgang eines Fixsterns oder eines Planeten ohnehin eine große Bedeutung beigemessen.
DAV: Dass Planeten am Aufgang, also am AC oder überhaupt an den Achsen, eine besondere Bedeutung haben, dürfte unbestritten sein.
Bernadette Brady: Zweifellos, aber es wird doch sehr verkürzt wahrgenommen. Dazu möchte ich etwas ausholen. Die Rotation der Erde um ihre Achse bewirkt, dass die Sonne und die Planeten innerhalb von 24 Stunden am AC aufgehen, am Zenit kulminieren, am DC unter dem Horizont verschwinden und schließlich den tiefsten Punkt, den Nadir, erreichen und wieder aufsteigen. Das gilt aber ebenso für alle Fixsterne. Wenn nun ein Planet eine dieser Achsen berührt und gleichzeitig ein Fixstern den Meridian oder den Horizont dann stehen sie in einer engen Beziehung miteinander. Ich nenne das Paran. Durch diese Verbindung treten wir wieder mit den alten Sternenmythen in Kontakt. Und da ich bei der Beobachtung auf den ganzen Geburtstag blicke, kann ich das auch ohne Geburtszeit berechnen.
DAV: Diese Berechnung dürfte früher nicht so leicht gewesen sein.
Bernadette Brady: Das ist wahr, früher war das schwer zu bestimmen, mit den Astrolabien, etwa seit dem 14. Jahrhundert, wurde es etwas leichter, die heutigen Computerprogramme machen es einfach, die Wirksamkeit der Parane nachzuweisen. Also habe ich in London jede Menge Daten aus einer Bibliothek gesammelt, um damit forschen zu können. Es handelte sich um die Geburtstage von Prominenten, ohne persönliches Horoskop. Dennoch konnte ich, wie beschrieben, nach antikem Vorbild die Aufgänge von Venus oder anderen Planeten zu denen der Fixsterne in Beziehung setzen. Darüber habe ich mein erstes Buch verfasst und mein erstes Astro-Programm „Starlight“ entwickelt. Ich dachte, nun habe ich es erfasst, aber es ging noch viel weiter.
DAV: Du meinst, noch tiefer in die Deutung hinein?
Bernadette Brady: Noch tiefer in eine Ebene, die unter den Planeten und Sternen liegt. Dazu gibt es ein schönes Bild von dem antiken Philosophen Platon. Er sagt, die menschliche Seele inkarniert sich auf der Erde durch die Bewegung einer Spindel. Das entspricht der Rotation der Erde, die die Planeten und Fixsterne zusammenbringt. Die Fixsterne symbolisieren dabei die Seelenessenz des Individuums vor der Inkarnation in der materiellen Form des Körpers; insofern auch vor dem Horoskop.
DAV: In der Tat ein ungewohnter Ansatz, der über die Horoskopdeutung hinausgeht.
Bernadette Brady: Ja, aber ich betrachte mich nicht als dessen Urheberin. Ich habe der alten antiken und mittelalterlichen Technik nur ein neues Gewand gegeben, ich habe den Fixsternen ihre Stimme zurückgegeben, sie in die Astrologie zurückgeholt. Denn es ist sehr bedauerlich, dass die Astrologie sie weitgehend vergessen hat.
DAV: Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass der Ansatz für manche immer noch schwer greifbar ist. Vielleicht ein Beispiel?
Bernadette Brady: Ich werde in meinem Vortrag auf dem DAV Kongress natürlich einige praktische Beispiele bringen. Für jetzt folgendes Bild: Wenn die Venus aufgeht, schaue ich danach, welcher Fixstern gerade kulminiert. Dieser Stern erzählt eine Geschichte von zeitloser Gültigkeit, vom ewigen Selbst. Durch die Venus wirkt diese Geschichte dann in der konkreten Inkarnation.
DAV: Bei so einer tiefen Verbindung zu unseren astrologischen Wurzeln, sogar über das Horoskop und die Planeten hinaus, stellt sich natürlich die Frage, wie bist du zur Astrologie gekommen? War sie dir in die Wiege gelegt?
Bernadette Brady: Das war sie gar nicht. Ich bin von Haus aus Wissenschaftlerin, Bakteriologin und habe zunächst in einem Krankenhaus gearbeitet. Aber die Wissenschaft konnte nie alle meine Fragen beantworten. Also habe ich mich auch mit esoterischen Lehren wie Tarot oder I Ging befasst. Natürlich probierte ich auch die Astrologie aus und mir begegnete das Buch von Julia und Derek Parker „Universum der Astrologie“. Es ist sehr einfach, eher ein astrologisches Kochbuch, doch für mich war es sehr wichtig. Ich habe intensiv damit gearbeitet und erkannte, dass manche Beschreibungen aus dem Buch, die ich in meinem Horoskop wiederfand, nicht so recht zusammenpassten und Spannungen erzeugten. Gleichzeitig wurde mir klar: genau das macht das Individuum aus. Es sind mehrere Zeichen, die ein Individuum prägen, und die müssen nicht immer in Harmonie zueinander stehen.
DAV: Das ist sicher Konsens unter Astrologen, die über die Sonnenstandastrologie hinausgehen.
Bernadette Brady: Ja, aber für mich war es eine eigenständige Erkenntnis. Und da es keine „Abkürzung“ zum astrologischen Wissen gibt, habe ich begonnen, meine Erkenntnisse durch die Horoskope von Freuden abzusichern. Ich hatte das starke Gefühl, ich komme in einen Dialog mit dem Universum.
DAV: Hat dich diese Erfahrung motiviert Berufs-Astrologin zu werden?
Bernadette Brady: Das hatte ich zunächst gar nicht im Fokus. Eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit im Krankenhaus dachte ich, „wenn ich pensioniert bin, studiere ich Astrologie.“ In dem Moment überkam mich die Eingebung, „wie dumm! Warum nicht jetzt schon?“ Und es gab keinen Zweifel mehr, dass ich diesen Vorsatz umsetzen würde.
DAV: Das war offenbar ein einschneidender Bruch.
Bernadette Brady: In der Tat, und meine Familie war sehr dagegen, aber ich habe mich nicht beirren lassen. Ich wusste, es ist richtig.
DAV: War der Weg sehr steinig?
Bernadette Brady: Am Anfang natürlich, aber dann geschah etwas, das alles verändert hat. Ein Reporter plante eine Serie über alternative spirituelle Methoden. Dazu holte er mich als Astrologin und gab mir seine Daten. Meine Deutung war ein Volltreffer, obwohl ich ihm vieles gar nicht vor laufender Kamera, sondern in einer geschützten Atmosphäre gesagt hatte. Ich kam dennoch so gut rüber, dass das Telefon nicht mehr still stand. Ich hatte mindestens fünf Beratungen pro Tag, sieben Tage die Woche, bis kurz vor dem Zusammenbruch. Da wusste ich, so kann es nicht weitergehen.
DAV: Das bedeutete offensichtlich aber keine Abkehr von der Astrologie?
Bernadette Brady: Keinesfalls, nur von der exzessiven Deutung. Ich verlegte mich mehr auf Forschung, Unterricht und Publikationen. Und ich habe mich zusehends mehr nach Großbritannien orientiert. 2002 bin ich schließlich ganz dorthin übergesiedelt.
DAV: Herzlichen Dank, und wir freuen uns auf einen zweifellos sehr außergewöhnlichen Vortrag.
Weitere Informationen zu Bernadette Brady: www.bernadettebrady.com
Das Interview führte Klemens Ludwig.