DAV-Interview mit Erich Bauer
„Astrologie ist für mich eine Mission“
Erich Bauer, geboren am 18. 9. 1942 um 15:20 Uhr in Dinkelsbühl, ist einer der bekanntesten Astrologen im deutschsprachigen Raum. Begonnen hat er seine Laufbahn mit dem Studium der Klinischen Psychologie, das er 1965 mit dem Diplom abgeschlossen hat. Danach hat er in Drogenfachkliniken gearbeitet.
Seit 1981 widmet er sich ganz der Astrologie und verwandten Themen wie Tarot. Neben seiner Beratungspraxis und Ausbildungskursen zeichnet er sich durch rege publizistische Aktivitäten aus. Dazu zählen die Veröffentlichung von etwa 40 Büchern, regelmäßige Astro-Kolumnen in Zeitschriften wie Cosmopolitan und Fernsehsendungen. Seit 1999 ist Erich Bauer Chef-Astrologe der Astro Woche, Europas auflagenstärkster Astrologie-Zeitschrift.
Bei unserem DAV-Kongress 2018 in Bad Kissingen, wird Erich Bauer als Referent mit dabei sein. Klemens Ludwig sprach mit ihm über seinen astrologischen Anspruch sowie die Bedeutung von Mythologie und Mystik für die Horoskop-Deutung.
DAV: In meiner Ausbildung bei dir habe ich erlebt, welch ein genialer Astrologe du bist. Gleichzeitig bedienst du Publikationen wie die Astro Woche oder Fernsehsendungen, in denen viele Astrologen eine Trivialisierung unseres Fachs sehen, die womöglich sogar den Kritikern Vorschub leistet. Wie gehst du selbst damit um?
Erich Bauer: Das ist ein Problem, aber kein Widerspruch. Die Astrologie war schon immer tief im Volk verankert, und ich finde es überzogen zu sagen, Leute, die Zeitungshoroskope lesen, haben keine Ahnung. Auch Zeitungshoroskope motivieren die Menschen, offen zu bleiben für die Astrologie, ja, für den Kontakt nach oben. Man erreicht die Menschen nicht mit hochtrabenden Theorien, man muss die Astrologie merkurisch-behutsam vermitteln.
DAV: Aber viele bleiben doch bei den Zeitungshoroskopen stehen und wollen nicht mehr als ein paar praktische Tipps, womöglich gar in Fragen, in denen Eigenverantwortung gefordert wäre.
Erich Bauer: Na und? Wenn ich Blockflöte spiele, dann soll das akzeptiert werden. Und dann ist es arrogant von jemandem, der grandios Cello spielt, zu sagen‚ „der spielt nur Blockflöte“.
DAV: Besteht nicht doch die Gefahr, dass die Astrologie ihre Glaubwürdigkeit verliert, wenn sie zu sehr trivialisiert wird?
Erich Bauer: Ich sehe das nicht und will an der Stelle auch betonen, dass ich 40 Bücher über die Astrologie verfasst habe, die sicher nicht trivial sind. Die Astrologie ist für mich eine Mission, und ich bin seit Jahrzehnten dabei, sie unters Volk zu bringen. Ich glaube viel mehr, dass der Anspruch „Wir sind eine Wissenschaft“ die Astrologie unglaubwürdig gemacht hat. In unserem Fach geht es um etwas anderes als um Wissenschaft.
DAV: Nämlich, worum?
Erich Bauer: Ich sage gern, es geht um die drei „Ms“: Materie, Mythologie und Mystik.
DAV: Das musst du etwas ausführen.
Erich Bauer: Gern. Unter Materie verstehe ich das eigentliche Horoskop, den Radix. Das ergibt sich von selbst und muss sicher nicht weiter erläutert werden. Bei der Mythologie bin ich ganz Jungianer und gehe von den Archetypen aus. In den Tierkreiszeichen finden wir zwölf Ur-Typen, die wir auch in uns wiederfinden. Das gilt übrigens universell, denn nahezu jede Kultur hat eine Astrologie entwickelt, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Bildern. Diese Urbilder finden wir wiederum schon immer in den Mythen. Sie sind unser Fundament, unsere Ur-Information. Je mehr wir darin eintauchen, desto fündiger werden wir, desto reicher werden wir beschenkt. Und diese zwölf Ur-Typen bilden eben die Basis für jedes Horoskop, auch wenn sie immer anders gewichtet auftauchen.
DAV: Das ist ja dein Thema im Einführungsvortrag von unserem Kongress.
Erich Bauer: Ja, ich freue mich darauf und möchte noch etwas weiter ausholen, denn ich habe den Eindruck, die Kraft der Mythen und ihre Bedeutung für die Astrologie wird heute stark unterschätzt. Auch die Planeten stehen für diese Ur-Typen, die wir ständig leben und die in der Astrologie oft zu kurz kommen. Allein, welche Kräfte Uranus, Saturn und Jupiter symbolisieren: Uranus wird entmannt, Saturn frisst seine Kinder, Jupiter befreit sich und seine Brüder von dem Schicksal. Damit schwächt Jupiter Saturn und erhöht ihn gleichzeitig. Das kommt in der astrologischen Deutung viel zu kurz. Überhaupt Jupiter, der Göttervater, der so viele Frauen geschwängert hat. Wofür steht das? Um es kurz anzudeuten, ich sehe dort den Wunsch nach einer Seelenliebe, nach der sich jede Frau sehnt und die sie auf irgendeine Weise auch erfüllt. Im Horoskop steht, ob eine Frau diese Seelenliebe gefunden hat und – besonders spannend – ob diese Liebe vielleicht stärker war als die zum eigenen Ehemann. Und jetzt kommt der „Hammer“; denn dann hat ihr Kind etwas von diesem Seelenpartner – auch wenn sich die beiden nie berührt haben. Das erklärt auch, warum manche sich so fremdbestimmt vorkommen: die haben einen „Jupiter-Vater“.
DAV: Das macht sehr neugierig auf deine Ausführungen in Bad Kissingen. Es bleibt aber noch ein weiteres „M“, die Mystik.
Erich Bauer: Ja, die ist mir nicht weniger wichtig. Darunter verstehe ich das Einbeziehen von Dimensionen, die nicht fassbar sind; wenn man so will, das Transzendente. Ich bin überzeugt, wir werden nicht nur gespeist von greifbaren Informationen. Wir bedienen uns stattdessen mit einer großen Selbstverständlichkeit aus dem, was nicht fassbar ist. Ein wirklich guter Astrologe ist dann auch nicht der, der alle Deutungen kennt, sondern der offen ist für Eingebungen.
DAV: Wo siehst du denn das Transzendente wirken?
Erich Bauer: Dass Skorpione gefährlich und Fische nicht greifbar sind – um ein paar simple Zuordnungen aufzugreifen – lässt sich aus den Bildern noch gut ableiten. Aber ich weiß nicht, woher die Deutung der Aspekte kommt. Warum wirkt ein Quadrat anders als ein Trigon? Warum gilt das eine als hemmend, oder von mir aus als herausfordernd, was nur eine nettere Bezeichnung ist, und das andere als harmonisch im Fluss? Es trifft zu, aber warum? Da beginnt für mich das Mystische an der Astrologie, die Eingebung, die über das Fassbare hinausgeht. Und das fasziniert mich.
DAV: Herzlichen Dank für die spannenden und teilweise gewiss auch kontroversen Ausführungen. Wir dürfen uns auf einen sehr interessanten Freitagabend mit dir freuen.
Weitere Informationen zu Erich Bauer: www.bauer-astro.de
Das Interview führte Klemens Ludwig.