„Werde die, als die du gedacht bist“
Interview des Deutschen Astrologen-Verbandes
mit Eva Stangenberg.
Eva Stangenberg, geb. am 15. 3. 1950 um 21.20 in Jahrstedt, arbeitete zunächst als Lehrerin, bevor sie 1982 zur Astrologie kam. DAV-Prüfung 1991, seitdem zusammen mit Ernst Ott Leiterin der Ausbildungszentren in Karlsruhe, Haigerloch und München; Beratungspraxis in Haigerloch. Zahlreiche Veröffentlichungen in der Fachpresse, Vorträge und Seminare im In- und Ausland, Autorin der Bücher: „Das Astrologische Alphabet“, „Mit der Sonne durch das Jahr“, „Die Spirale der Mondknoten“, „Chiron, die Brücke zum Selbst“ und „Neumondhoroskop“.
Klemens Ludwig sprach mit ihr über Möglichkeiten und Wirklichkeiten, deren astrologische Entsprechungen und wie das eine in das andere übergehen kann.
DAV: Dein Vortragstitel auf unserem nächsten Kongress klingt spannend und verheißungsvoll „… und triffst du nur das Zauberwort. Wie aus Möglichkeiten Wirklichkeiten werden“. Inspirationen in der Richtung interessieren sicher jeden. Wie können aus deiner Sicht die Möglichkeiten in die Wirklichkeit umgesetzt werden?
Eva Stangenberg: Ich möchte zunächst auf die Möglichkeiten eingehen. Da gibt es die Idee, sie ist unverzichtbar, ohne sie kann nichts in die Realität kommen. Aber das ist natürlich kein eindimensionaler Entwicklungsweg, es gibt immer verschiedene Arten, eine Idee in die Realität umzusetzen. Diese Idee ist eine Zeitqualität, nichts Konkretes und kann zu einer Pflanze, einem Tier, einer Geschäftsgründung und eben auch zu meinem Radix werden, um sich durch mich zu realisieren. Ebenso auf ganz verschiedenen Ebenen und in ganz verschiedenen Möglichkeiten.
DAV: Welche astrologischen Bezüge siehst du dazu?
Eva Stangenberg: Die Ideen, die Möglichkeiten, sind das Reich von Uranus und Neptun, dort, wo wir Inspiration und Intuition ansiedeln. Mit Hilfe von ihnen können wir die Ideen empfangen, in diesem Reich werden die Ideen geboren.
DAV: Also benötigen wir Unterstützung. Wie können dann aus Ideen Möglichkeiten werden?
Eva Stangenberg: Auch dafür bietet uns die Astrologie die passenden Symbole, nämlich Merkur und Saturn. Sie sind es, die das geistige Potenzial konkretisieren, die Wirklichkeit schaffen; greifbar machen, aber auch abgrenzen und ausgrenzen, denn natürlich können wir nicht jede Anregung, jede Idee aufgreifen. Das würde uns völlig überfordern. Also übernehmen Merkur und Saturn die wichtige Aufgabe auszusortieren und das in die Wirklichkeit zu bringen, worauf es ankommt oder was das soziokulturelle Umfeld fordert und ermöglicht.
DAV: Wenn die beiden sinnigerweise die Worte, die Realitäten schaffen, symbolisieren, Uranus und Neptun aber davor stehen, dann gehst du über unser Motto aus dem Johannesevangelium hinaus, wonach am Anfang das Wort steht.
Eva Stangenberg: Das ist richtig, ich sage, am Anfang steht die Idee, nicht das Wort. Das Wort ist notwendig, um die Idee zu konkretisieren. Das zeigt sich astrologisch noch an anderen zentralen Stellen. Auch das Horoskop ist kurz vor unserer Geburt zunächst nicht mehr als eine Idee, wie ich bereits angedeutet habe, die sich auf verschiedene Arten realisieren und in die Wirklichkeit umsetzen lässt. Ob es sich dabei um eine Frau, einen Mann, ein Ereignis, eine Gründung oder was auch immer handelt, geht aus der ursprünglichen Idee nicht hervor. Erst wenn ich das Achsenkreuz hinzufüge, wird es konkret, dann bewegen wir uns in Zeit und Raum. Wir finden diese Analogien übrigens in vielen verschiedenen zentralen Bereichen unserer Existenz.
DAV: Zum Beispiel?
Eva Stangenberg: Auch in unserer Anatomie. Die rechte Hirnhälfte steht für den Bereich von Uranus und Neptun, das Intuitive, man nennt es auch gerne das weiblich-unlogische Denken, natürlich nicht geschlechtsspezifisch gemeint. Die linke Gehirnhälfte steht für Merkur und Saturn, das Rationale, Konkrete, logisch-kausale männliche Denken. Dazwischen bewegt sich der Chiron, den ich als „Brücke zum Selbst bezeichne“. Das ist genau seine Position im Sonnensystem, der Wanderer zwischen Saturn und Uranus. So verbinde ich die beiden Gehirnhälften mit seiner Symbolik, nämlich mit einem Querbalken; dadurch entsteht das Fische-Symbol, bei dem es um eine Verbindung von Körper und Seele geht, um die Einheit zwischen beiden Bereichen, Möglichkeit und Wirklichkeit.
DAV: In deiner Ableitung erscheinen die Worte eher untergeordnet, als Konkretisierung der Idee. Im Alltag erleben wir aber häufig, welche Macht von Worten ausgeht, im Positiven wie im Negativen. Sie können Menschen und Menschenmassen motivieren und bewegen, aber auch zutiefst verletzen.
Eva Stangenberg: Das widerspricht meinen Gedanken in keiner Weise, im Gegenteil, es bestätigt sie. Dort, wo Worte ihre Wirksamkeit entfalten, sind ja Merkur und Saturn bereits am Wirken, ist aus der Idee eine Realität geworden. In der Tat nicht immer eine angenehme. Wir erleben täglich, was Worte im Internet anrichten können, oder auch in der Erziehung. Deshalb plädiere ich für höchste Sensibilität im Umgang mit Worten. Das gilt übrigens nicht zuletzt für die astrologische Beratung, wo die Worte ebenfalls sehr sensibel gewählt werden müssen, um keinen Schaden anzurichten, insbesondere bei Prognosen. Sonst besteht die Gefahr, dass sich die Klienten die Ideen des Beraters zueigen machen, statt ihrer eigenen.
DAV: Hältst du diese Gefahr für ausgeprägt?
Eva Stangenberg: Ich sehe sie auf jeden Fall und ich möchte zwei Botschaften dagegen halten, die ich meinen Klienten in der Beratung mitgebe und für besonders wichtig erachte, nämlich, „bringe das in die Form, was du als Idee bist“. Und „werde die, als die du gedacht bist“.
DAV: Danke für diese schöne Inspiration, die sehr neugierig auf deinen Vortrag werden lässt.
Mehr Informationen über die Arbeit von Eva Stangenberg: www.astrologieschule.org
Das Interview führte Klemens Ludwig.