Rheuma aus astromedizinischer Sicht
Jahrestreffen der DAV-Sektion Medizin & Astrologie
Schmerzende und geschwollene Gelenke, steife Knie – das versteht man landläufig unter dem Begriff „Rheuma“. Allerdings ist das Beschwerdebild bei rheumatischen Erkrankungen deutlich vielfältiger. Insgesamt gibt es mehr als 400 verschiedene Krankheitsbilder, die unter dem Sammelbegriff „Rheuma“ zusammengefasst werden.
Nicht nur der Bewegungsapparat, sondern auch innere Organe, Sinnesorgane, die Haut, das Nervensystem oder die Blutgefäße können betroffen sein. Etwa 20 Millionen Deutsche haben eine rheumatische Erkrankung, davon leiden mehr als fünf Millionen Betroffene an Arthrose. Beim Jahrestreffen 2014 der DAV-Sektion Medizin & Astrologie in Berlin stand das Thema „Rheumatische Erkrankungen“ im Mittelpunkt. Petra Dörfert, Leiterin der Sektion, und Heide Trautmann berichten über den Erfahrungsaustausch.
Rheuma ist ein sehr weit verbreitetes Phänomen. Woran liegt das?
Heide Trautmann: Ich bin der Meinung, dass Rheuma auch etwas mit der Ernährung zu tun hat. Ich sehe einen Zusammenhang zwischen dem übermäßigen Konsum von tierischen Eiweißen und vielen so genannten Zivilisationskrankheiten. Insbesondere sind es die Stoffwechselgifte, die für die schmerzhaften Ablagerungen in den Gelenken sorgen. Das beweist die China-Studie, die auch Dr. Ruediger Dahlke verwendet hat. Wenn Rheumatiker auf tierisches Eiweiß verzichten, sind sie häufig spontan von ihren Schmerzen befreit. Aber man muss seine Gewohnheiten ändern, das fällt vielen sehr schwer. Auf Fleisch sind viele noch bereit zu verzichten, aber spätestens beim Käse hört es dann auf…
Petra Dörfert: Heute belastet in der Tat oft, wie Heide sagt, die „zu gute Ernährung“ mit ihrem Übermaß an tierischen Eiweißen. Früher waren es eher die sehr harten körperlichen Arbeitsbedingungen und ungesunde, feuchte und kalte Wohnverhältnisse, die zu Rheuma führten. Was mich besonders erschreckt, ist aber nicht nur die allgemein zunehmende Zahl an Rheuma-Erkrankten, sondern auch, dass der Anteil der jüngeren Patienten immer größer wird und gerade deren Pathologien immer schwerer ausfallen.
Warum werden die Rheuma-Patienten immer jünger?
Heide Trautmann: Meiner Meinung nach ist das eine Folge unseres Systems: Krankheiten, ihre Erreger sowie der Tod werden schulmedizinisch mit allen Mitteln bekämpft. Wenn allerdings Antibiotika, Cortison und andere Suppressiva zu häufig verordnetwerden, gerät unser von Natur aus perfekt ausgerichtetes Immunsystem aus dem Gleichgewicht. DieSymptome werden durch Medikamente behandelt,die Ursachen der Krankheitsentstehung bleiben dabei aber unberücksichtigt. Von der Herangehensweise der Schulmedizin unterscheiden sich die klassische Homöopathie und andere ganzheitliche Therapieformen durch ihren grundsätzlich anderen Ansatz: Sie stärken das Immunsystem und decken Krankheiten auf, beheben die Ursachen. Die klassische Homöopathie bekämpft nicht den Tod, sondern unterstützt die Lebenskraft. Sie bekämpft auch nicht die Erreger, sondern unterstützt die Abwehrzellen, damit das natürliche Gleichgewicht wieder hergestellt werden kann. Außerdem kann ich aus meiner Erfahrung in der Praxis bestätigen, was auch viele Experten herausgefunden haben: Die ständig steigende Zahl der empfohlenen Impfungen bei Säuglingen ab der 6. Lebenswoche erschwert die Entwicklung eines stabilen Immunsystems.
Petra Dörfert: Ja, schon Kleinkinder sind geradezu einem Bombardement an chemischen Mitteln ausgesetzt. Kinderkrankheiten dürfen nicht mehr stattfinden. Die guten alten Hausmittel, die das Immunsystem unterstützen und heranreifen ließen, sind aus der Mode gekommen. Das hat allerdings auch damit zu tun, dass die Mütter unter einem großen Leistungsdruck stehen und zum Beispiel kaum auf der Arbeit fehlen dürfen. Also muss auch das Kind „funktionieren“. Dazu kommt dann noch der Leistungsdruck, der auf den Kindern selbst schon früh lastet. Es ist unglaublich, was Schulkinder und junge Erwachsene heute alles so „bringen müssen“. In einem Alter, wo ich noch unbefangen gespielt habe, müssen die sich ja schon damit befassen, wie sie möglichst glatt ins Berufsleben kommen und für das Alter vorsorgen. Und gerade die jungen Rheuma-Patienten sind oft „Musterkinder“: Sie haben schon jede Menge Praktika gemacht und nebenbei Leistungssport betrieben, waren im Ausland, spielen ein Instrument und haben noch weitere tolle Hobbys, zusätzlich engagieren sie sich auch noch für „Brot für die Welt“ – neben ihrem eigentlichen Studium. Und dann kommt dieses „blöde Rheuma“, das irgendwie „Stopp“ sagt und nicht ins perfekte Bild passt. Das ist eines der Muster, das ich häufiger sehe.
Welche speziellen Erkrankungen führen die Rheumapatienten in Ihre Praxis?
Petra Dörfert: Polyarthritis und Fibromyalgie sehe ich am häufigsten. Die Ursache dieser entzündlichen rheumatischen Erkrankungen liegt in einer Fehlsteuerung des Immunsystems. Es spielt sozusagen „verrückt“ und greift körpereigenes Gewebe an. Bei der Polyarthritis sind die Gelenke befallen, bei der Fibromyalgie liegt oft eine Kombination aus chronischen Ermüdungszuständen und Schmerzen – insbesondere in der Schulterpartie – vor.
Heide Trautmann: Das sieht bei mir ganz ähnlich aus. Den größten Teil meiner Rheumapatienten machen Frauen mit Fibromyagie aus. In meiner Praxis suchen weiterhin Mütter mit Kindern Hilfe, die mit der Diagnose „juvenile idiopathische Arthritis“ konfrontiert sind – übersetzt: Gelenksentzündung ungeklärter Ursache im Kindesalter. Das Krankheitsgeschehen kann sich neben den Gelenken auch an Augen, Haut, Muskeln, Knochen oder inneren Organe zeigen.
Und wie gehen Sie dann konkret vor?
Petra Dörfert: Mein erster Blick als Homöopathin und Astromedizinerin gilt natürlich dem Horoskop des Patienten. Vor Beginn der homöopathischen Behandlung sprechen wir immer über mögliche psychosomatische Hintergründe.
Gibt es ein astrologisches „Muster“, das sich bei Rheuma wiederholt zeigt?
Petra Dörfert: Ich habe schon viele Horoskope von Rheuma-Erkrankten gesehen und lange über diese Frage nachgedacht. Zu meinem Erstaunen fiel mir auf, dass Rheuma-Patienten oft sogar recht harmonische Horoskope haben: Viele Trigone, viele Sextile, überwiegend Besetzungen in Tierkreiszeichen, die nicht so konfrontativ sind, wie z. B. Waage, Krebs, Zwillinge, Fische. Horoskope also, die geradezu nach Harmonie schreien. Und dann ist da ein schwieriger Aspekt mitten drin, wie z. B. ein Pluto-Quadrat. Und ich stelle oft fest, dass die Betroffenen zu diesem schwierigen Aspekt überhaupt kein Verhältnis haben. Und genau der somatisiert sich dann offenbar…
Heide Trautmann: Wir haben bei unserem Arbeitstreffen festgestellt, dass sich die Patienten in der Stadt doch erheblich von denen auf dem Land unterscheiden. In meine Praxis kommt überwiegend Landbevölkerung. Da finde ich zunächst eine Betonung der Achse Krebs-Steinbock. Bei Steinbock geht die Symptomatik auf die Knochen und Gelenke, bei Krebs eher in Richtung Weichteile bzw. Fibromyalgie. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen lohnt, den Planetenkomplex Mond, Saturn, Uranus und Neptun genauer zu analysieren: Die Schwächung des Immunsystems wird zunächst durch Mars-Neptun angezeigt, auch Mars in Fische oder Mars im 12. Haus. Mond-Neptun-Themen zeigen die hohe Sensibilität und ungeschützte Offenheit. Häufiger steht zum Beispiel bei Frauen, die an Fibromyalgie leiden, der Mond im 12. Haus. In vielen Horoskopen von Rheuma-Patienten beobachte ich außerdem Uranus-Neptun-Spannungen oder eine Fische-Betonung. Neptun gibt einen Hinweis auf Selbstvernachlässigung und ist ein Indikator für Verdrängung. Uranus tritt auf den Plan, um uns zu einer Veränderung, einem so genannten Milieuwechsel, aufzufordern: Er will dem Patienten helfen, sich aus einer Umgebung zu befreien, die ihm vielleicht Bequemlichkeiten bringt, ihn aber dennoch lähmt und krank macht.
Welche Rolle spielt Saturn?
Heide Trautmann: Bei Arthritis und Arthrose stehen Saturn und Mars im Vordergrund. Saturn gibt einen Hinweis darauf, wo wir zu steif und unflexibel geworden sind. Er symbolisiert Knochen und Gelenke, und Mars steht für das Entzündungsgeschehen und den Schmerz. Es ist in der Regel ein introvertierter Mars, eine unterdrückte Durchsetzung, ein geschwächtes Immunsystem. Mars ist auch bei schubweisen Verläufen von entzündlichen rheumatischen Erkrankungen mit im Spiel. Übrigens treffe ich häufig auf Rheuma-Patienten mit Rhesusfaktor negativ.
Petra Dörfert: Saturn hat für mich vor allem ganz viel mit Arthrose zu tun, also der schmerzhaften „Abnutzung“ von Gelenken. Man war pflichtbewusst, hat sich viel aufgeladen, und irgendwann war es dann eben zu viel. Hier geht es darum, von der Verantwortung für andere oder für äußere Pflichten und Ziele zu der Verantwortung für sich selbst, für den eigenen Körper, zu kommen.
Gibt es Ähnlichkeiten in den Lebensgeschichten von Rheumapatienten?
Heide Trautmann: Viele üben zum Beispiel einen Beruf aus, der sie nicht wirklich erfüllt oder leben in krankmachenden Familienverhältnissen. Die meisten Patienten fühlen sich nicht in der Lage, etwas zu ändern, fühlen sich gesellschaftlichen Zwängen ausgeliefert und lassen sich mehr und mehr fremd bestimmen. Das führt dann zur Entfremdung von der eigenen Seele. Gerade Menschen mit Mond-Saturn-Themen haben Schmerz, Trennung oder Verlust und Trauer erlebt. Trauerprozesse haben in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr. Unser System unterstützt die Menschen ja nicht, ihren Schmerz anzuschauen, sondern verabreicht lieber Antidepressiva, um den Seelenschmerz zu unterdrücken.
Ist Trauer das Hauptthema bei Rheuma?
Heide Trautmann: In meine Praxis finden überwiegend Frauen. Es ist ein Hauptthema bei diesen Rheumapatientinnen. Ja, es geht hier um seelische Schmerzen, die man „einmauert“ und nicht mit anderen teilt. Nach außen wird eine Fassade der Stärke aufgebaut. Unsere Gesellschaft erwartet von uns, dass wir funktionieren. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass Menschen immer mehr ihren Seelenschmerz über Krankheit ausleben müssen.
Petra Dörfert: Ein anderes Thema bei Rheuma scheint mir allerdings auch der Perfektionismus zu sein, wie ich ja bereits angedeutet habe. Das sind Patienten, bei denen alles im Leben rund laufen soll, und was nicht dazu passt, wird radikal zensiert. Das sehe ich oft bei Jungfrau-Betonungen. Die scheinen bei Rheuma überzufällig häufig eine Rolle zu spielen, ebenso wie das Tierkreiszeichen Wassermann. Wird die Energie dieser Zeichen im Schatten gelebt, sind das Menschen, die weit mehr im Kopf als in ihrem Gefühl „hängen“. Alles soll „nach Schema“ funktionieren, so wie man sich das planvoll zurechtgelegt hat. Bei Wassermann ist zudem oft die Körperwahrnehmung, also das Gefühl für das, was einem gut tut, zugunsten von theorielastigen Konzepten verringert.
Ist Rheuma ein Phänomen der Leistungsgesellschaft?
Petra Dörfert: Ja, unter anderem, so wie Krankheiten immer ein Spiegel ihrer Zeit sind. In verschiedenen Epochen bahnen sich unterschiedliche Krankheiten ihren Weg, und das hat nicht ausschließlich etwas mit dem Stand der medizinischen Forschung und den äußeren Lebensbedingungen zu tun. Krankheiten sind Ausdruck der jeweiligen psychischen und sozialen Probleme.
Heide Trautmann: Und Trauer wird eben nicht mehr als individueller Prozess zugestanden, sondern es geht nur noch um das Funktionieren in der Wirtschaft, in der Außenwelt. Wer nicht mehr funktioniert, wird pathologisiert. Für mich ist Trauer keine Krankheit, sondern ein Heilprozess …
Spielt Trauerarbeit in der Therapie eine zentrale Rolle?
Heide Trautmann: Ja, zuallererst geht es darum, den Schmerz anzuerkennen, der hinter der Krankheit steckt.Bei Frauen, die mit Gelenkproblemen in meine Praxis kommen, steckt oft Kummer dahinter. Man kann durch Kummer steif werden. Im Horoskop schaue ich mir dann den Saturn genauer an. Wer jedoch mit Weichteilrheumatismus – heute nennt man das Fibromyalgie – zu mir kommt, bei dem steht in der Regel der Mond im Vordergrund. Bei diesen Patienten geht es oft um Aufopferung und darum, über Leid Aufmerksamkeit zu erhalten. Es hilft, sich zu fragen: Brauche ich mehr Zeit für mich? Muss ich meine Schwiegermutter pflegen, oder wäre ein Platz im Pflegeheim eine Alternative? Viele lassen solche Gedanken aber gar nicht zu, weil sie sich scheuen, Konsequenzen zu ziehen. Das sind oft Frauen mit einer Neptun-Uranus-Betonung, sie glauben, die Erwartungen der anderen erfüllen zu müssen. Manche werden zu ganz verbitterten Seelen. Wenn der Groll ganz tief sitzt, kann auch Krebs entstehen.
Erleben Sie bei Rheumapatienten häufiger Verbitterung?
Heide Trautmann: Ja, wenn sie ihren Saturn nicht in Form von Eigenverantwortung leben, sondern einen tiefen Vorwurf gegenüber den Menschen empfinden, deren Pflichten sie erfüllen. „Ich mach das für die Schwiegermutter…“, oder: „Ich mach das für meinen Mann…“ Dahinter steht der Groll, viel zu viel gegeben zu haben, aber nichts zurück zu erhalten. Die Arbeit der Frauen im Haushalt, für die Familie wird oft nicht gewürdigt, zumal die meisten ja heute parallel dazu auch noch berufstätig sind. Dann verlangen sie durch den Schmerz die Aufmerksamkeit, die sie sonst nicht erhalten.
Wie arbeiten Sie mit den Frauen an diesem Thema?
Heide Trautmann: In meiner therapeutischen Arbeit nimmt die klassische Homöopathie die höchste Priorität ein. Die ausführlichen Gespräche bringen in der Regel bereits eine Erleichterung. Da ist endlich jemand, dem sie sich öffnen können, der/die zuhört und ihr Leid versteht. Außerdem biete ich meinen Patientinnen an, an ihren Glaubenssätzen zu arbeiten, denn die lassen sich mit Hilfe der Kinesiologie „drehen“. Ich ermutige sie, ihrem inneren Kind mehr Zuwendung zu geben und sich zu verwöhnen.
Petra Dörfert: Ja, das Erkennen eigener Bedürfnisse ist zentral. Bei vielen meiner Patientinnen ist Erschöpfung das Hauptthema. Sie haben sich über Jahre stark ausgepowert und sind zu wenig für ihre Bedürfnisse eingetreten. Oft sind es Frauen, die waren sehr gute, engagierte Mütter, haben gleichzeitig noch ein erfolgreiches Berufsleben hingelegt – aber sie haben sich auch stark unter Druck gesetzt, frei nach dem Motto „Ich muss alles super gut machen“. Oft können sie nicht das latent ausbeuterische Verhalten anderer erkennen.
Leistungsträgerinnen also, die sich von anderen leicht ausnutzen lassen?
Petra Dörfert: Ja, und oft stellen sie eine große Lebensleistung als etwas ganz Selbstverständliches dar. Auch beschweren sie sich meist über nichts, selbst wenn sie gute Gründe dafür hätten. Sie hinterfragen die Mechanismen gar nicht. Dahinter steckt der Wunsch, geliebt und anerkannt werden zu wollen – gepaart mit der Angst: Was passiert, wenn ich da nicht mehr mitspiele?
Heide Trautmann: Die Aggressionen, die durch ein solches Lebensmuster entstehen können, werden verdrängt und manifestieren sich schließlich in Autoaggression – nämlich einer Autoimmunkrankheit. Dann ist es Zeit, an der Mars-Energie zu arbeiten: lernen, sich zu wehren, sich für die eigenen Bedürfnisse gerade zu machen und lernen, sich durchzusetzen. Sehr oft sehen wir im Horoskop eine Spannung zwischen Widder und Steinbock bzw. Mars und Saturn. Der absteigende Mondknoten in der Waage spricht übrigens beispielsweise für eine Beteiligung von Nieren und Haut.
Welche Rolle spielt Mars generell bei Rheuma?
Petra Dörfert: Mars, der ja erst einmal Ausdruck einer gesunden Aggression und Selbstverteidigung ist, wird oft abgespalten. Wie schon gesagt, gibt es bei vielen Rheumapatienten ein Kern-Thema im Horoskop, das nur schwer integriert werden kann. Man sieht es und deutet es in der Beratung, aber dem Patienten fällt nichts dazu ein. Es handelt sich also um einen unbewussten Anteil. Wenn ich mit einem Widder-Geborenen über sein Mars-Pluto-Quadrat spreche, weiß der sofort, wovon die Rede ist. Wenn man eine Waage auf ihr Mars-Pluto-Quadrat anspricht, kann es sein, dass sie sagt: „Aggression? Das kenne ich nicht. Ich weiß gar nicht, was das ist.“ Der Patient ist also ehrlich überzeugt, dass er diesen Anteil überhaupt nicht hat. Das kann ein Mars-Quadrat sein, das könnte aber auch ein Sonne-Pluto-Quadrat sein. Es könnte auch ein Saturn-Thema sein, das abgespalten ist. Meist ist es jedoch ein Quadrat, und meist hat es mit Aggression und Selbstausdruck zu tun. An diesem Punkt muss man dann arbeiten, sowohl therapeutisch als auch in der homöopathischen Mittelwahl.
Heide Trautmann: Nach meiner Erfahrung handelt es sich in der Regel um einen unterdrückten Mars, d. h. in introvertierten Zeichen oder Häusern. Mars-Saturn bzw. eine Widder-Steinbock-Spannung geht auf den Bewegungsapparat, Mond-Mars bzw. eine Widder-Krebs-Spannung geht auf die Weichteile. Saturn steht eher für ein Korsett aus Maßstäben und Zwängen, eine harte, aber steife Fassade. Mond steht für das Leid, das Klagen, die Fürsorge innerhalb der Familie, das Opfern der eigenen Bedürfnisse.
Haben Sie ein Fallbeispiel?
Heide Trautmann: Eine meiner Patientinnen mit Saturn in der Jungfrau im Quadrat zum Zwillinge-Mars arbeitete als Sekretärin in einem Krankenhaus. Sie bekam schmerzhafte Knoten in den Fingergelenken und wurde durch die Homöopathie beschwerdefrei. Sie hat selbst erkannt, dass der Job nicht zu ihr passt: Die Finger haben ihr durch Steifigkeit und Schmerz gezeigt, dass dies nicht ihre Berufung war. Sie haben sich „gewehrt“, haben ihr gezeigt, dass sie nicht mehr pausenlos tippen wollen.
Petra Dörfert: Solche direkten Somatisierungen sind übrigens nicht selten. Es lohnt sich im ersten Anlauf immer zu schauen, welcher Körperteil betroffen ist und an was der Patient durch seine Erkrankung genau gehindert wird.
Welche Behandlungserfolge erzielen Sie mit Homöopathie bei Rheuma?
Petra Dörfert: Rheuma ist nicht so leicht zugänglich, gerade auch weil die psychischen Barrieren oft hoch sind. Man kann Besserungen erzielen, aber Rheuma ist ein langsamer Prozess. Ein guter Verlauf ist für mich schon, wenn es gelingt, dass sich die Beschwerden bessern und die Medikamente in Absprache mit den behandelnden Ärzten reduziert werden können und dadurch weniger Nebenwirkungen auftreten und die Lebensqualität verbessert wird. Wenn’s sehr gut läuft, ist aber auch völlige Beschwerdefreiheit möglich.
Heide Trautmann: Die Homöopathie kann selbstverständlich auch bei massiven rheumatischen Prozessen helfen. Sie kann mindestens stark lindern. Ich habe Patienten, die mit hohen Entzündungswerten zu mir in die Praxis kamen und inzwischen schon lange schmerzfrei sind. Ein junger Mann zum Beispiel hatte eine Odyssee von fünf Jahren hinter sich. Gegen seine Polyarthritis und Psoriasis (= Schuppenflechte) erhielt er hoch dosiert Medikamente, wodurch er in der Zwischenzeit bereits Leberschäden hatte. Er war nach einem halben Jahr beschwerdefrei – durch Hochpotenzen der klassischen Homöopathie.
Das ist allerdings eine Ausnahme und lag sicher an seinem jungen Alter. Je länger ein Mensch an einer rheumatischen Erkrankung leidet, umso mehr braucht er Geduld für den Heilungsprozess. Mit Ärzten habe ich eine ähnliche Erfahrung gemacht wie Petra. Der behandelnde Arzt einer jungen Patientin hat die Verordnung seiner Arzneien in Anpassung an den Heilungsprozess reduziert und schließlich ganz eingestellt. Das sind Beispiele für eine Kooperation zwischen Schulmedizin und klassischer Homöopathie, die Hoffnung machen.
Da rheumatische Krankheiten in bestimmten Familien gehäuft auftreten, nimmt man an, dass es dafür eine Disposition geben muss. Gibt es für dieses Phänomen Erklärungsansätze?
Heide Trautmann: Ja. Die Homöopathie – laut Miasmenlehre von Hahnemann – verwendet dafür den Begriff „tuberkulinisches Miasma“ und definiert damit die tuberkulinische Konstitution von Patienten. Und in der Tat: Viele meiner Rheumapatienten haben Vorfahren, die an Tuberkulose erkrankt waren. Die Information ist in den Genen gespeichert. Vor allem die Lunge, aber auch andere innere Organe sowie die Knochen können von dieser bakteriellen Infektion betroffen sein, die bei uns inzwischen seltener auftritt, in anderen Ländern – zum Beispiel in Osteuropa – aber noch häufiger vorkommt. In späteren Generationen tritt Rheuma in diesen Familien dann gehäuft auf.
Petra Dörfert: Auch ist die „Vererbung“ psychischer Muster nicht zu unterschätzen. Man agiert so, wie man es sich – bewusst und unbewusst – von seinen Eltern „abguckt“.
Welche Rolle spielen Umweltfaktoren?
Petra Dörfert: Manche Naturheilkundler sagen, das sei primär die Ursache. Viele setzen ja auch ganz stark auf Giftausleitung. Ich denke, dass das eine Rolle spielen kann, weil die Umweltbelastungen durchaus zu Immunstörungen führen. Auch spielen Ernährungsgewohnheiten natürlich eine Rolle. Ich sehe hier allerdings trotzdem eine Gefahr: Gerade, wenn man einen tiefen inneren Konflikt abspaltet, könnte es der bequemere Weg sein zu sagen: „Ich steig jetzt auf gesunde Ernährung und Ausleitung um!“ Das psychische Thema wird aber weiterhin vermieden, und oft sehe ich sogar, dass dadurch Zwanghaftigkeit entsteht. Ich hab natürlich nichts gegen eine gesunde Lebensweise, aber wenn jemand z. B. eine Ernährung praktiziert, die ihm gar keinen Spaß macht, dann halte ich das eher für schädlich. Manche Patienten verrennen sich in diese Ecke.
Heide Trautmann: Ich gebe den Umweltfaktoren auch eher eine untergeordnete Bedeutung. Nach meiner Einschätzung spielt die spezifische seelisch-geistige Disposition die wesentliche Rolle bei der Entstehung von rheumatischen Erkrankungen.
Wie reagieren Sie, wenn Patienten sich dem psychischen Thema nicht widmen wollen?
Petra Dörfert: Häufiger sehe ich bei Rheumapatienten sehr schwierige Biografien, die mich tief betroffen machen. Oft denkt der Patient aber, alles sei gut und bewältigt. Oft werden ungeheuerliche Vorfälle mit einer heiteren Gelassenheit erzählt. Nicht gelebte und nicht einmal mehr gespürte Wut könnte einen erheblichen Anteil an der Erkrankung haben. Wenn es zum Beispiel um Missbrauch in der Kindheit geht, schicke ich die Patienten weiter zu einem darauf spezialisierten Therapeuten. Man kann auch homöopathisch etwas in Bewegung bringen, muss aber darauf achten, dass das aufgefangen wird. Insofern spielt hier die umsichtige Dosierung eine wichtige Rolle. Ich akzeptiere es natürlich, wenn bei jemand die Haltung deutlich wird: Das Thema ist so schlimm für mich, da gehe ich nicht ran und nehme lieber die Krankheit in Kauf. Vielleicht ist es ja für denjenigen tatsächlich zu viel, zumindest momentan. Dann arbeite ich eher palliativ, das heißt, nicht die Ausheilung, sondern die Reduktion der Beschwerden steht im Vordergrund.
Heide Trautmann: Ich bin auch der Meinung, dass wir als Therapeuten keinen Heilungsprozess nach unserer Wunschvorstellung forcieren können. Das Schöne an der klassischen Homöopathie ist allerdings, dass wir den Patienten und seinen Weg nicht zu bewerten brauchen. Die verordnete Hochpotenz wird einen Impuls geben, und vertrauensvolle Gespräche werden den Patienten auf seinem Weg unterstützen. Der Rest liegt in der Eigenverantwortung der Patienten.